Zum Leben und Schaffen von Heinrich von Kleist
Zum Leben und Schaffen von Heinrich von Kleist
Einige bedeutende Dichter lassen sich literaturgesichtlich nur schwer einzuordnen. Einige Dichter stehen in ihrem Schaffen zwischen 2 Epochen – zwischen Klassik und Romantik und sie werden deshalb isoliert von beiden Bewegungen betrachtet. Die Autoren, die hier gehoren, sind im Prinzip 3: Friedrich Holderin, Jean Paul und Heinrich von Kleist.
Den Rahmen diesen Autoren ergänzt noch ein Name: Johann Peter Hebbel .
„Heinrich von Kleist wurde am 18. 10. 1777 in Frankfurt am Oder geboren. Der äusserst wortgewandte Dichter, der zu den wichtigsten deutschen Dramatikern zählt, gab sich nicht mit Einzelergebnissen zufrieden, sondern suchte die absolute Wahrheit und den Sinn des menschlichen Daseins in der Welt. Von Lessing- besonders Nathan der Weise soll ihn beeindruckt haben- und anderen Aufklärern beeinflusst, beschäftigte sich Kleist intensiv mit Philosophie und Wissenschaft. Das Studium der Werke Rousseaus entdeckte ihm die Gefühle als Grundwerte der Seele. Kants Philosophie jedoch brachte Kleist zur Überzeugung, dass die Wahrheit auf der Wlt nicht zu finden sei. Kleist fand in dieser Erschütterung seines optimistischen Weltbildes nicht wie Schiller Trost und Kraft in den grossen Ideen, die allem Geschehen zugrundeliegen. Er war auch kein Romantiker, der an den Geheimnissen der Natur über die Wirklichkeit hinaus teilhatte. Daraus entwickelte sich das Grundthema seiner Werke: Wie kann sich ein Mensch, der aus seinen Gefühlen lebt, in einer (rationalen) Welt
voller Zufälle und Schicksaalschläge zurechtfinden? Mit 25 Jahren begann Kleist seine Schriftstellerische Tätigkeit, 1803 erschien sein erster Trauerspiel Die Familie Schroffenstein. In dem analytischen Drama bringen zwei verfeindete Familien gegenseitig ihre eigenen sich liebende Kinder um. Die Sprache dieses Trauerspieles spiegelt Kleists Verzweiflung und sein gestörtes Verhältniss zur Umwelt deutlich wider. Viele seiner späteren Themen werden bereits angesprochen.: Agnes liebt genauso absolut wie später das Kätchen von Heilbronn. Der Starrsinn Ruperts, des Grafen von Schroffenstein, findet in der fanatischen Gerechtigkeitsauffassung von Michael Kohlhaas eine Parallele. Die überschwengliche Liebe Ottakars - in seiner Figur steckt Kleists eigene Ratlosigkeit und Unsicherheit – wird in Penthesilea (1808) dramatisch gesteigert. Die Amazonenkönigen darf in dieser freien Gestalltung der griechischen Sage Achilles nahc dem Gesetz ihres Volkes erst lieben, wenn sie ihn mit dem Schwert besiegt hat. Die Handlung wird zum Teil nicht auf der Bühne dargestellt, sondern wird von dem gleichbleibenden Handlungsort ausberichtet. Der innere Widerspruch, der ambivalente Cherakter auch der liebenden Person, den Kleist immer wieder erkennen lässt, wird in der Figur der Penthesilea verkörpert.
Gefühl über den verlockenden äusseren Schein siegen. Kleist gestalltete den antiken Mythos nach der Vorlage von Molliéres gleichnamiger Komödie. Glücklich endet in Das Kätchen von Heilbronn (1810) die Liebe zwischen Kätchen und dem Grafen von Strahl. Kätchens instinktive und ideale Liebe demonstriert, was Kleist in seinem Aufsatz über Das Marionettentheater (1810) theoretisch fundiert hat: Der Mensch kann glücklich werden, wenn er nur aus einem Gesetz heraus, nämlich nach dem Gefühl (unflektiert) handelt.
Weiter zeigt Kleist an zwei Beispielen Bewusstsein die „natürlicheGrazie der Menschen“ zerstört, sie aus dem Gleichgewicht wirft, wie aber der Mensch nicht mehr in seinen vorherigen paradiesischen Zustand züruckfinden kann.
Der Zerbrochene Krug (1811), Kleists bekannteste Lustspiel, ist noch heute bühnenwirksam. Der Dorfrichter Adam ist angeklagter und Richter zugleich – das macht die Suche nach der Wahrheit besonders schwierig. Die Doppelcharakter des Kleistschen Menschen schlägt sich in der Sprache wieder. Die Gerichtskomödie wird mit einer Liebesgeschichte verbunden, die manchmal zur Tragik neigt. Bis zur Versöhnung entwickelt sich die Dialoghandlung mit Wortwitz, zweidentigen Reden, Anspielungen und Verdrehungen.
Zum eigenen Richter, wenn auch ganz anderer Art, wird die Titelgestallt im Schauspiel Prinz Friedrich von Homburg (hrsg.1821). Der verliebte Prinz hat sich strafbar gemacht und verliert angesichts der drohenden Todesstrafe sein inneres Gleichgewicht.
Kleists Erzählungen und Novellen, die er teilweise unter dem Druck seiner Krankheit vollendete, sind häufig Bearbeitungen der auch in Dramen genannten Motive und Themen.
Im Erdbeben in Chili (1807) entwickelt sich der Konflikt aus der Katastrophe des Einzelnen und der Gesellschaft.“ (Bauman, B. – Oberle, B.: Deutsche Literatur in Epochen. München 1995) Seine grundsätzlichste Novelle entstand 1810 unter dem Titel Michael Kohlhaas.
Mit seinem Schaffen setzte sich Kleist in dem nationalen Kampf, aber seine Enttäuschung aus persönlichen und auch politischen Gründen hatte so einen grossen Einfluss auf seine empfindliche Persönlichkeit, dass er zusammen mit seiner unheilbarkranken Freundin Henriette Vogel 1811 am Wannsee begangen haben. Zuerst schoss er sie und gleich dannach sich selbst.