Wolfgang Borchert: Draußen vor der Tür NJ

Wolfgang Borchert: Draußen vor der Tür
(Hörspiel, 1947)
Diese Werk ist ein Hans Quest gewidmetes „Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen
will“.
Wolfgang Borchert schrieb „Draußen vor der Tür“ im Januar 1947 in wenigen Tagen. Das Stück wurde
am 13. Februar 1947 zum ersten Mal vom Nordwestdeutschen Rundfunk als Hörspiel gebracht und einen Tag
nach Borcherts Tod als Bühnenstück in der Inszenierung Wolfgang Liebeneiners am 21. November 1947 in den
Hamburger Kammerspielen uraufgeführt. Verfilmt wurde es unter dem Titel „Liebe 47“ (Regie: Wolfgang Liebeneiner,
mit Hilde Krahl) und wurde als Buch in viele Sprachen übersetzt.
Personen (so wie der Autor sie im Buch aufgezählt hat): Beckmann, einer von denen; seine Frau, die
ihn vergaß; deren Freund, der sie liebt; ein Mädchen, dessen Mann auf einem Bein nach Hause kam; ihr Mann,
der tausend Nächte von ihr träumte; ein Oberst, der sehr lustig ist; seine Frau, die es friert in ihrer warmen Stube;
die Tochter, gerade beim Abendbrot; deren schneidiger Mann; ein Kabarettdirektor, der mutig sein möchte,
aber dann doch lieber feige ist; Frau Kramer, die weiter nichts ist als Frau Kramer, und das ist gerade so furchtbar;
der alte Mann, an den keiner mehr glaubt (Gott); der Beerdigungsunternehmer mit dem Schluckauf (Tod);
ein Straßenfeger, der keiner ist (auch der Tod) ; der Andere, den jeder kennt (Gewissen); die Elbe (das Leben)
Inhaltsübersicht: Das Drama „Draußen vor der Tür“ spielt im Hamburg der Nachkriegszeit. Ein Mann
namens Beckmann kommt mit nur einer Kniescheibe, humpelnd und frierend aus der Kriegsgefangenschaft aus
Sibirien nach Hause zurück und trifft alles anders an, als er es verlassen hat. Er ist einer „von denen, die nach
Hause kommen und die dann doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist. Und ihr
Zuhause ist dann draußen vor der Tür.“
Vorspiel: Der Beerdigungsunternehmer (stellt den Tod dar) und der alte Mann (stellt Gott dar) unterhalten
sich über einen Mann, der an der Kante eines Pontons an der Elbe steht und sich offensichtlich in den Tod
stürzen möchte. Der alte Mann grämt sich darüber, dass er nicht ändern kann, dass sich viele Menschen, die aus
dem Krieg nach Hause kommen, umbringen, und er ist ein wenig auf den Beerdigungsunternehmer neidisch,
weil der geliebt und gefürchtet wird. Der Beerdigungsunternehmer rülpst viel und erzählt ihm, dass es ihm sehr
gut gehe und er schon ein wenig Fett angesetzt habe, weil in diesem Jahrhundert viele Menschen gestorben oder
getötet wurden.
Der Traum: Beckmann ist ins Wasser gesprungen und streitet sich mit der Elbe, weil er tot sein möchte.
Sie ist aber der Meinung, dass er noch nicht in den Fluss gehöre, weil er noch zu jung sei, und dass ein steifes
Bein kein triftiger Grund sei, so dass er von der Elbe an einen Strand bei Blankenese geworfen wird.
1. Szene: Beckmann liegt am Strand und erzählt dem Anderen von seiner Frau, die ihn verlassen hat,
und dass er wegen eines steifen Beines den Krieg sicher nicht so schnell vergessen werde. Ein Mädchen hört
Beckmann reden und nimmt ihn, den sie liebevoll „Fisch“ nennt, mit nach Hause, weil sie Mitleid hat.
2. Szene: Das Mädchen macht sich über Beckmanns Aussehen lustig und gibt ihm die Jacke ihres alten
Freundes, der nicht aus dem Krieg nach Hause kam. Dann hören sie Krücken und erkennen den einbeinigen
Freund des Mädchens, der seine Jacke und seine Frau von Beckmann wiederhaben möchte. Zurück auf der
Straße kann der Andere Beckmann gerade noch davon abhalten, in die Elbe zu gehen, und fordert ihn dazu auf,
zum Oberst zu gehen und ihm die Verantwortung für die getöteten Soldaten zurück zu geben.
3. Szene: Beckmann kommt beim Oberst an, während dieser mit seiner Familie zu Abend isst. Die Frau
des Oberst und seine Tochter graulen sich vor Beckmann. Der Schwiegersohn nimmt ihn nicht ganz ernst, und
der Oberst hilft sich heraus, indem er denkt, dass Beckmann witzig sein möchte. Erst unterhalten sie sich über
Beckmanns Aussehen, und dann gibt Beckmann dem Oberst die Verantwortung zurück, die er für 20 Soldaten
übertragen bekommen hatte, von denen dann elf getötet worden sind. Er gibt sie zurück, weil er unter Schuldgefühlen
leidet und hofft, dass es besser wird, wenn er keine Verantwortung mehr hat. Doch der Oberst zwingt
sich nur zum Lachen, worauf Beckmann mit etwas zu Trinken und Essen verschwindet...
4. Szene: Beckmann versucht, Arbeit in einem Kabarett zu finden, aber er wird auf Grund mangelnder
Fähigkeit und seiner Behinderung nicht angestellt. Danach will er wieder zur Elbe zurük, doch der Andere
schaffte es, ihn vom Suizid abzuhalten, so dass Beckmann statt dessen sich zu seinem Elternhaus wagt.
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5. Szene: Beckmann kommt nach Hause zu seinen Eltern, doch das Klingelschild „Beckmann“ fehlt. Er
klingelt dort, wo das Schild war, und erfährt von einer Frau Kramer, dass seine Eltern sich umgebracht haben,
weil ihnen nach dem Krieg der gesamte Besitz genommen wurde, weil der Vater ein zu aktiver Nazi gewesen
war. Beckmann kommt wieder auf die Straße und schläft ein, obwohl der Andere ihn wach gehalten hat. Als er
auf Gott trifft, erzählt dieser ihm, dass keiner mehr an ihn glaube, weil so viele Menschen getötet werden oder
sich selbst töten. Beckmann führt ein Gespräch mit dem Tod, der heute als Straßenfeger in Erscheinung tritt,
sich aber ständig andere Verkleidungen anlegt. Beckmann spricht mit allen Personen, die ihn im Stich gelassen
haben, doch keiner zeigt Reue und anschließend ist keiner mehr da. Beckmann muss nach seinem Aufwachen
erkennen, dass er kein Recht auf einen Suizid hat. Er ist verdammt sein Leben zu leben.