Wolfgang Borchert: Draussen vor der Tür

Wofgang Borchert ist nur 26 Jahre alt geworden. 1941 kam er an die Ostfront. Er wurde zweimal wegen seiner Äusserungen, die als staatsgefährdent eingestuft wurden, verhaftet und in ein Gefängnis gebracht. Er war sehr krank, und deshalb blieb ihm nach dem Ende des Krieges nicht mehr viel Lebenszeit. Diese nutzte er aber völlig aus, er stellte in diesen zwei Jahren mehrere Werke fertig.

Dieses Buch ist eine Ansammlung von Borcherts ausgewählten Erzählungen. Es beinhaltet auch das Theaterstück „Draussen vor der Tür“. In diesem Stück handelt es sich um den Soldaten Beckmann, der verstümmelt aus dem Krieg in seine Heimatstadt zurückkommt. Für ihn hat das Leben keinen Sinn mehr, er will einfach Ruhe haben, welche er mit dem Selbstmord erreichen will. Es gelingt ihm aber nicht. Er trifft verschiede Personen, besucht verschiedene Plätze, die er vor dem Krieg gekannt hat. Alles ist aber durch den Krieg anders geworden, nichts ist so wie vorher. Beckmann zieht einfach durch die Strassen und hofft, dass es bald vorbei sein wird. Schliesslich erfüllt sich sein Wunsch und am Ende stirbt er. Die anderen Erzählungen sind meist kurze Ausschnitte aus der Kriegszeit, sie berichten über die Sinnlosigkeit und Grausamkeit des Krieges.

Als ich das Buch zum erstenmal in die Hand nahm, dachte ich, dass es nur eine weitere Geschichte über den Krieg ist. Aber schon nach wenigen gelesenen Seiten musste ich aufhören zu lesen. Es steckte soviel Trostlosigkeit und Verzweiflung darin, dass ich das nicht ertragen konnte. Es war nicht wegen der Handlung, die ist hier mehr oder weniger unwichtig, mich überraschte die Weise, auf die auf mich das Buch einwirkte. Der Autor schreibt in einer Art, die den Leser regelrecht in seine Gedankenwelt hineinzieht. Man fühlt die gleiche Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit, wie die Hauptfigur Beckmann, man glaubt, man sei er. „Warum muss ich die Gefühle eines Todeskranken lesen?“ war mein erster Gedanke, nachdem ich mich ein wenig beruhigt habe (dieses Stück entstand wenige Monate vor Borcherts Tod). Als ich mich aber wieder (nach ein paar Tagen) das Buch zu öffnen traute, merkte ich, dass das Theaterstück „Draussen vor der Tür“ den Leser nicht nur erschrecken wollte. Der absolute Pessimismus von Beckmann führte mich schliesslich zum Nachdenken.

Beckmann war mit der Welt und dem Leben unzufrieden, er hatte immer Fragen gestellt, auf die er keine Antwort erhielt und die sein Leiden nur vertieften. Er war so mit seinen qualvollen Gedanken beschäftigt, dass er vergass, dass es auch etwas anderes als ihn in seiner Verzweiflung gibt, dass die Welt nicht nur aus Leid und Schrecken besteht. Wie Beckmann durch die Strassen der Stadt schlendert, wird er mit verschiedenen Aspekten seines Daseins konfrontiert. Jeder Teil seines Lebens, alles, was ihm früher etwas bedeutet hat, wird in diesem Stück in Frage gestellt, um dann in einem Teil seiner bodenlosen Verzweiflung verwandelt zu werden. Es tritt der Gott auf, er wird mit der klassischen Anschuldigung „wo warst du wenn die Kanonen donnerten“ abgewiesen. Der Gott wird als ein alter Mann dargestellt, an den nach dem Krieg keiner mehr glauben will. Beckmann will seine Eltern besuchen, in ihrer Wohnung findet er aber einen anderen Mieter, und von dem erfährt er, dass sich seine Eltern umgebracht haben – ein weiterer Beitrag zu seiner Verzweiflung. Er verliert sogar das Mädchen, welches ihn nach seinem Selbstmordversuch am Ufer der Elbe findet. Letztendlich bleibt ihm nur ein einziger Trost, der aber seinen inneren Schmerz nicht lindern kann – der Schnaps.

Beckmann schient in einen unendlich tiefen Abgrund zu stürzen, ohne jegliche Hoffnung auf Rettung. Es gibt da zwar einen Teil von Beckmann, den „Jasager“, der alles positiv sehen will, der ihm weiterleben lassen will. Dieser Jasager wird aber schliesslich von Beckmanns dunkler, pessimistischer Seite verdrängt und zum Schweigen gebracht.

Die anderen Geschichten in diesem Buch finde ich nicht mehr so abschreckend und verzweifelt. Sie zeigen Menschen am Rande ihrer Existenz - Soldaten, die von dem Krieg heimkehren, aber kein Heim mehr finden, einfache Menschen, die nichs zu essen haben, oder Menschen im Zusammenhang mit den Trümmern ihrer Häuser. Man könnte sagen, dass sich im Theaterstück „Draussen vor der Tür“ die konzentrierte Verzweiflung und Trostlosigkeit von all diesen Geschichten zusammen befindet. Mir persönlich haben 2 Geschichten am meisten gefallen – „die Hundeblume“ und „Schischypusch“.

Die erste handelt von einem Gefangenen, der mit Hass zu allem um ihn herum gefüllt ist. Er muss jeden Tag um einen Rasen mit anderen Gefangenen herumspazieren. Als er einen Löwenzahn am Rasen entdeckt, denkt er an nichts anderes mehr. Am Ende bringt er den Löwenzahn unbemerkt in seine Zelle. Es wird gezeigt, wie die stereotypen Verhältnisse in einem Gefängnis den Menschen verändern können. Die einfache Blume bekommt für unseren Gefangenen einen unvorstellbaren Wert – er war entschlossen, wegen dem Löwenzahn sogar einen Menschen zu töten.

„Schischypusch“ hängt weniger mit dem Krieg zusammen, die Handlung spielt sich während der Zeit zwischen den beiden Kriegen ab. Es wird dargestellt, wie zwei Menschen mit demselben Problem damit fertig werden. Sie treffen sich zufällig in einem Restaurant. Man sieht deutlich den Unterschied zwischen dem Onkel des Erzählers, einem grossen, lebensfreudigen Rennfahrer, der Frauen und Kognac über alles liebt, und dem kleinem, zusammengezogenen Kellner. Die Ironie dieser Geschichte besteht darin, dass der Onkel den Kellner bemitleidet, ohne sich dabei bewusst zu werden, dass er denselben Sprachfehler wie er besitzt. Eigentlich steht diese Geschichte im Kontrast zu den übrigen Borcherts Erzählungen - statt Verzweiflung und völliger Machtlosigkeit über das Geschehen fand ich hier eine optimistische Lebensanschauung und einen ironischen Humor.

Borchert beschreibt nicht direkt den Krieg, er zeigt seine Auswirkungen auf die Psyche der betroffenen Menschen. Alle seine Werke legen weniger den Wert auf die Handlung, dafür wird aber die Gedankenwelt de