Westdeutsche Prosa (die 50-er Jahre, Günter Grass) NJJ
Günter Grass
(1927 in Danzig - Gnaňsk)
- Nobelpreisträger (1999)
- er behauptet, er ist ein halb Kaschube (Kašubovia) - es war ein slawischer Stamm an der Ostsee, ein Teil wurde
germanisiert, ein Teil polnisiert
- fast alle wichtige Werke spielen in Danzig
- Danziger Trilogie: „Die Blechtrommel“ (1959), „Katz und Maus“ (Novelle, 1961), „Hundejahre“ (Roman,
1963)
- 1958 las G. G. bei der Tagung der Gruppe 47 (aus seinem Manuskript) aus der Blechtrommel vor. Es wurde
zu großem Erfolg und über Nacht war G.G. fast ein Klassiker
- 1959 erschien der Roman, gleichzeitig auch im Ausland
„Die Blechtrommel“ - die Hauptfigur ist Oskar Matzerath. Er ist in einer westdeutschen Irrenanstalt und er
schreibt seine Erlebnisse auf (1930 - 50). Er ist in Danzig aufgewachsen und zu seinem 3. Geburtstag bekommt
er Blechtrommel, kann sich nicht von ihm trennen. Er beschließt nicht mehr zu wachsen, was auch passiert. Als
Kind hat er ein Unfall, sein Kopf wird beschädigt, aber biologisch wird er immer reifer (er wächst nicht). Er
kann mit seiner Stimme Glas zerbrechen (Nonkonformistische Literatur – die Hauptfiguren sind immer Außenseiter).
Er beobachtet seine Kleinbürgerliche Welt aus der Froschperspektive. Er ist weder am Tod seiner Mutter,
noch am Tod ihrer Liebhaber ganz unschuldig, geht nach dem Krieg verschiedenen Berufen nach. Er tritt an
einem Varieté als Zwerg auf, er verliebt sich in eine Zwergin, geht nach Deutschland, versucht dort Fuß zu fassen,
was ähnlich vom Leben G. G. ist.
Der Stil des Autors ist sehr provokativ, er greift moralische, religiöse und sexuelle Tabus vor, steigert sein
Erzählen bis ins Groteske. Grass verwendet hier häufig den ostpreußischen Dialekt.
Dieser Roman steht in der Tradition des Schelmenromans (= Picaroroman - Mittelpunkt ist ein Schelm - listig,
geschickt, erlebt viele Sachen, er muss viel machen, sein Witz wird verlangt). Oskar Matzerath durchwandert
die Epoche als moderner Picaro.
„Hundejahre“ - erzählt aus der Perspektive eines Hundes.
60-er Jahre - die Politisierung zeigt sich auch in seinen Werken: „Die Plebejer proben den Aufstand. Ein
deutsches Trauerspiel“ (1966), „Örtlich betäubt“ (lokálne umŕtvenie).
„Aus dem Tagebuch einer Schnecke“ (1972) – Tagebuch von Grass aus dem Wahlkampf. 1965 nahm G. G.
Teil am Wahlkampf der SPD. Politisch war G. gegen Ideologie, für mehr Demokratie, für soziale Gerechtigkeit,
für eine Aussöhnung mit Polen und Israel.
1972 zog sich Grass aus der Öffentlichkeit zurück: 1.) private Gründe (neue Frau, Kind), 2.) die intensive
Arbeit an seinem umfangreichen Roman „Der Butt“ (ryba - platesa). Die Grundlage in diesem Roman ist das
Märchen vom goldenen Fisch. Der Butt ist sprechender Fisch, 3000 Jahre alt, weil G. hier die Kulturgeschichte
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der Frau an 9 Frauengestalten präsentiert. Eine Frau präsentiert ein Jahr. Alle Frauen sind gute Köchinnen und
die Menschengeschichte wird als Kochgeschichte gezeigt. Es endet mit einer Szene, wo die deutschen Feministinnen
den Butt anklagen. Er wird vor das Gericht gestellt, sie verlangen eine harte Strafe.
„Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus“ (1980) - ironisches Werk mit 2 Hundeslinien:
1.) Autobiographische - G. erzählt über seine Erlebnisse in China und seiner Kontakte mit DDR Dissidenten
zu Ende der 70-er Jahre.
2.) ein deutsches Ehepaar diskutiert: wollen wir ein Kind haben oder wollen wir eine Reise um die
Welt machen? (sie machen die Reise)
Roman „Die Rättin“ (1986) - komischer Name, Wort, das es nicht gibt (= potkanka). Neubildung von
Grass. Der Erzähler hat hier alles, was er braucht. Seine Frau überlegt, was sie ihm schenken könnte. Sie
schenkt ihm die Rättin, die spricht. Er und die Ratte sprechen über philosophischen und politischen Problemen.
Dieses Werk ist eine Endzeitvision. Die Rättin kommentiert Weltende, das für sie ein Atomkrieg bedeutet. (eine
Ratte könnte Atomkrieg überleben). Zeitlich korrespondiert dieses Werk mit den Aktivitäten G. in der Friedensbewegung.
Die Bewegung - ist eine Warnfabel gedacht.
Erzählung „Unkenrufe“ (= kuvičie hlasy) (1992) - G. erzählt die Geschichte eines polnisch-deutschen Versöhnungsfriedhofs
für Vertriebene in Danzig, wobei er dieses gut gemeinte Unternehmen kommerzialisiert und
korrumpiert und damit scheitern lässt.
Roman „Ein weites Feld“ (1995) - war ein Skandal. In einer Zeitung wurde Literaturkritiker Marcel Reichranicky
an der Titelseite abgebildet, als er dieses Buch zerbricht. Negativ aufgenommen, negative Kritik des
Buches. Roman einerseits über Fontane, andererseits über die deutsche Wiedervereinigung. Spricht von der
Misäre der Wiedervereinigung und über den Krach der Intellektuellen.
G. G. hat sich für die Erhaltung der DDR eingesetzt. Er war nicht alleine von den Intellektuellen. Er war
auch publizistisch tätig. Er hat immer Probleme mit den Kritikern, er ist provokativ.