Martin Johannes Walser (Leben) NJ

Martin Johannes Walser
(1927 in Wasserburg)
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Walser ist ein deutscher Schriftsteller. Er wurde bekannt durch seine Darstellung innerer Konflikte der
Antihelden in seinen Romanen und Erzählungen.
Leben: Die Eltern Martin Walsers betrieben eine Gaststätte in Wasserburg. Das Milieu seiner Kindheit
wird im Roman „Ein springender Brunnen“ geschildert. Von 1938 bis 1943 besucht er die Oberschule in Lindau
und wird anschließend als Flakhelfer eingezogen. Nach dem Reichsarbeitsdienst erlebte er das Ende des
Zweiten Weltkriegs als Soldat der Wehrmacht. Nach Kriegsende machte er 1946 in Lindau das Abitur und studiert
in Regensburg und Tübingen die Fächer Literatur, Geschichte und Philosophie. Mit einer Dissertation zu
Franz Kafka („Beschreibung einer Form“) wird er 1951 bei Friedrich Beißner promoviert.
Während des Studiums arbeitete Walser als Reporter für den SDR und schrieb erste Hörspiele. 1950
heiratete er Katharina „Käthe“ Neuner-Jehle. Aus dieser Ehe gingen die Töchter Franziska Walser, Alissa Walser,
Johanna Walser und Theresia Walser hervor.
Seit 1953 wurde Walser regelmäßig zu den Tagungen der Gruppe 47 eingeladen, die ihn 1955 für die
Erzählung „Templones Ende“ auszeichnete. Sein erster Roman Ehen in Philippsburg erschien 1957 und wurde
ein großer Erfolg. Walser lebte von da an mit seiner Familie als freier Schriftsteller am Bodensee.
In den sechziger Jahren setzte sich Walser wie viele andere Intellektuelle für die Wahl von Willy Brandt
zum Bundeskanzler ein. Er engagierte sich gegen den Vietnamkrieg und galt in den siebziger Jahren als Sympathisant
der DKP, der er aber nie als Mitglied angehörte. 1988 hielt Walser im Rahmen der Reihe „Reden über
das eigene Land“ eine Rede, in der er deutlich machte, dass er die deutsche Teilung als schmerzende Lücke
empfindet, mit der er sich nicht abfinden will. Diesen Stoff machte er auch zum Thema seiner Erzählung „Dorle
und Wolf“. Auch wenn Walser ausdrücklich betonte, dass sich seine Haltung über die Zeit nicht verändert
habe, sprechen einige Beobachter von einem Sinneswandel des Autors.
Das Befremden der Szene, die Martin Walser lange als einen der ihren betrachtet hat, wurde zum vehementen
Protest, als Walser anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels am 11.
Oktober 1998 in der Frankfurter Paulskirche eine Rede hielt, in der er eine „Instrumentalisierung des Holocaust“
ablehnte. Die sprachlich komplizierten Äußerungen Walsers wurden oft wie folgt interpretiert: Walser
fühle sich durch die Nazi-Verbrechen tief berührt. Jedoch banalisiere die ständige Wiederholung der Darstellungen
sein persönliches Empfinden für die Ausmaße dieser Verbrechen. Deshalb wolle er diese „gebetsmühlenartig“
wiederholte „Aufarbeitung“ trauriger deutscher Geschichte nicht vorantreiben. Kritiker, unter anderem
Ignatz Bubis, warfen ihm in der folgenden hitzigen Debatte vor, er ebne den Weg für eine Bagatellisierung oder
gar Leugnung der Nazi-Verbrechen. Ferner musste sich Walser den Vorwurf gefallen lassen, dass rechte Revisionisten,
die dieses brisante Thema abblocken wollten, sich auf ihn berufen würden. Walser hielt dieser Kritik
entgegen, dass er keine politische Instrumentalisierung seiner „sehr persönlichen Ansicht“ beabsichtige und nur
von seinem subjektiven Empfinden gesprochen habe.
Die vermeintliche Zuwendung Martin Walsers zur bürgerlichen Seite wird erneut zum öffentlichen
Thema, als er bei der Klausurtagung der CSU in Wildbad Kreuth als Gastredner auftritt. Als er in seinem
Schlüsselroman „Tod eines Kritikers“ den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki einerseits als Person und andererseits
als Symbol einer unredlichen Kulturszene kritisierte, hagelte es Proteste. Frank Schirrmacher machte
ihm infolgedessen den Vorwurf des Antisemitismus.
Eine im Verlagsrecht einmalige Klausel ermöglichte es Walser nach dem Tod von Siegfried Unseld
2002 und den nachfolgenden Querelen im Suhrkamp Verlag, der ihn von Beginn an verlegt hat, mitsamt allen
seinen Werken 2004 zum Rowohlt Verlag zu wechseln. Insbesondere spielte laut eigener Aussage dabei die
fehlende Positionierung des Verlags im Streit um seinen umstrittenen Roman Tod eines Kritikers eine Rolle.