Literatur im Dritten Reich

Literatur im Dritten Reich
Die deutsche Literatur des Exils
Deutsche Kriegs- und Antikriegsliteratur


Es gehört also schon einiges an unpolitischem Denken und mangelnder Einsicht in dem Charakter und die Struktur des Faschismus dazu und ihn in seiner Gefährlichkeit zu unterschätzen und denoch ist es so gekommen. Die Machtübernahme Hitlers traf die deutsche Schriftsteller fast völlig unvorbereitet, aber Zeitgenossenschaft bedeutet naturgemäss eine gewisse Blindheit aus der historischen Distanz ist man stets klüger.
Nur sehr wenige Autoren wie Brecht, Feuchtwanger und Heinrich Mann erkannten die Gefahr und schätzten die weitere Entwicklung richtig ein, den meisten fehlte die Phantasie für das noch nicht dagewesene. Sie glaubten meisten, dass sowas wie Hitler nie zur Macht kommt oder dass die Nationalsozialisten einmal zur Macht gelangt, sehr rasch abwirschaften würden.
Für diejenigen, die sich den neuen Bedingungen für die Literatur nicht unterwerfen wollten, gab es wie die Prager Exilzeitschrift “Neue deutsche Blätter” bereits im September 1933 feststellte drei Möglichkeiten:
1. Man kann in Deutschland bleiben und getarnt aus sprachlichem Hinterhalt und künstlerischer Maskierung den Faschismus angreifen, gewertig das einem früher oder später der Mund gestopft und die Feder aus der Hand geschlagen wird.
2. Man kann anonym für die illegale Literatur im Lande und für die antifaschistische Presse im Ausland arbeiten.
3. Man kann schliesslich über die Grenze gehen und von Ausland her zu den Deutschen sprechen.
Sehr viele Autoren waren oft über Nacht gezwungen aus Deutschland zu flüchten. Da es sich durch Weg um die prominenten noch heute anerkannten Schriftsteller handelte, ist man leicht geneigt anzunehmen, die gesammte literatische Inteligenz habe damals das Land verlassen. Tatsächlich blieb der grösste Teil in Deutschland, sympatisierte oder arangierte sich mit dem Faschismus , oder versuchte das physische und moralische überleben in der inneren Emigration. Ein kleiner Teil ging in die Illegalität und unterschtützte mit literarischen Arbeiten den politischen Widerstand gegen die national-sozialistische Literatur die in Deutschland während des Faschismus geschrieben wurde, weisst einen grossen Spielraum auf. Sie reicht von politischer Bekenntnisliteratur über die verschiedene Modi profaschistischer, indirekter und nicht faschistischer Literatur und literaroscher Formen verdeckter Oposition bis hin zu explizit kämpferischer Untergundliteratur. Sie hat damit ein ebenso breites Spektrum wie die Literatur in Exil, die je keineswegs mit antifaschisticher Literatur gleichgesetzt werden kann. Auch in der Exil-literatur gab es eine Vielzahl von politisch-literarischen Haltungen.
Trotz parzieller formaler Übereinstimmungen zwischen der Literatur des Exils und der des Reiches, die sich z.B. in der gemeinsamen Bevorzugung bestimmter literarischer Gattungen, wie dem historischen Roman und dem Sonet zeigen lassen, ist es sinnvoll zwischen Exil-literatur und der Literatur der inneren Emigration zu trenen, da die Arbeitsbedingungen für die da Heim gebliebenen sich grundlegend von denen der Emigrantes sich unterschieden.
Bereits wenige Tage nach Machtantritt der National-Sozialisten wurden Notverordnungen verlassen durch die die Presse, die Versammlung und Demonstrationsfreiheit entscheident eingeschrenkt wurden. Zeitungen und Zeitschriften, die sich dem neuen Kurs nicht einfügten wurden kurzerhand verboten, die übrigen wurden durch Drohungen, Entlassungen, Verhaftungen und wirtschaftliche Sanktionen zur Anpassung gezwungen.
Neben die Gleichschaltung der Presse traten schon sehr bald Massnahmen gegen Schriftstellerorganisationen. Zur gleichen Zeit wurde Die preussische Akademie der Kunste, Sektion Literatur, dessen Vorsitzender Heinrich Mann im Februar unter Faden scheinigen Gründen zum Rücktritt gezwungen worden war, gleichgeschaltet. Mitglieder der Sektion konnten nur diejenigen bleiben, die eine von Gottfried Benn konzipierte Lojalitätserklärung dem faschistischen Staat gegenüber abzugeben bereit waren. Thomas Mann und Ricarda Huch erklärten darauf hin ihren Austritt, andere wurden zwangsweise ausgeschlossen, weil sie die geforderte Erklärung entweder nicht unterschrieben hatten oder aber als Juden unerwunscht waren. An die Stelle der Ausgetretenen und Ausgeschlossenen rückten überzeugte National-Sozialisten wie: Grimm, Blunck, Johst, Kolbenheyer und Vesper vor.
Eine neue Stufe erreichte der Teror gegen opositionelle Schriftsteller mit der Bücherverbrennung. Am 26. 4. 1933 erschien in der berliner Nachtsausgabe einer Zeitung eine Liste “verbrennungswürdiger Bücher”. Diese Veröffentlichung war der Auftakt für eine Fülle von sgn. schwarzen und weissen Listen, auf denen die missliebigen bzw. genehmen Autoren aufgeführt waren. Im feierlichen litualisierten Veranstalltungen wurden die Werke vieler bedeutender und rpominenter Autoren den Flammen übergeben.
Führende National-Sozialisten wie Goebbels und prominente literarische Professoren hielten die Reden. Das Heine Wort: “Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende gar auch Menschen, sollte schon bald schreckliche Realität werden.” Wenige Tage später veröffentlichte das “Bürsenblatt für den deutschen Buchhandel” eine erste amtliche Liste von Büchern, die aus öffentlichen Bibliotheken entfernt werden sollten. Diese Liste umfasste 131 Autoren und wurde regelmässig auf den neusten Stand gebracht.
Die völkisch-nationale Literatur galt lange Zeit als die eigentlich national-sozialistische Literatur. Tatsächlich ist die völkisch-nationale Literatur kein Produkt des deutschen Faschismus, so sehr sie auch von den National-Sozialisten gefördert und hofiert wurde. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist die deutsche Literatur des Dritten Reiches, d.h. die Literatur, die im Dritten Reich als vorbildliche national-sozialistische Dichtung galt, bereits in der Weimarer Republik geschrieben worden, sogar schon in der Zeit vor 1918. Die Bezeichnung völkisch-nationale Literatur ist eine Sammelbezeichnung unter der verschiedene literarische Strömungen zusammen- gefasst werden.
Neben der Blut und Boden Literaten, die lange Zeit als in Begriff der völkisch-natinalen Literatur galt, gehören die Literaten der Heimat und Provinzkunst im Gefolge von Ludwig Ganghofer, Hermann Stehr, Hermann Löns.
Der historische Roman in der Tradition von Freytag und Dahn der Kolonialroman, der in Grimms “Volk ohne Raum” seine erfolgreichste Ausprägung fand und die Romane des sgn. soldatischen Nationalismus, d.h. die Kriegs- und Freikorbsromane und die Bürgerkriegsliteratur der Weimarer Republik hierher. Gemeinsam ist allen diesen Werken ihr Antidemokratismus und Antimodernismus, ihr Antisemitismus und ihre Verherlichung der germanischen Rasse. Eigenschaften, die sie für die National-Sozialisten höchst brauchbar machten. So ist es nicht überraschend, dass die völkisch-nationale Literatur in ihren unterschiedlichen Spielarten, die vor 1933 nur ein literarischer Strang unter vielen gewessen war, nach dem Machtantritt der National-Sozialisten in den Rang einer Staatsliteratur erhoben wurde.
Innere Emigration als Gegensatz zum Exil, ist ein Begriff der sich bereits in den 30-er Jahren herausgebildet hat aber erst nach 1945 in der Auseinandersetzung zwischen den Daheim gebliebenen und den Emigranten seine politische Färbung erhalten hat. Unter diesem Begriff Innere Emigration, versteht man eigentlich eine Opositionsliteratur in Deutschland, die sich nicht gleich schalten liess und regimkritisch gemeint war. Es ist aber umstritten, was darunter im konkreten Fall zu verstehen ist und welche Autoren dazu gerechnet werden können. Die Bezeichnung Innere Emigration zu Recht jedoch Autoren wie Ricarda Huch und Ernst Barlach für sich in Anspruch nehmen.
Ricarda Huch hatte sich 1933 in einem mutigen Brief geweigert, den treuere Vers zu unterschreiben, den die faschistischen Machthaber den Mitgliedern Der preussischen Akademie der Kunste abverlangten und hatten eindeutig gegen die National-Sozialisten Stellungen bezogen. Der Künstler und Schriftsteller Ernst Barlach, der von den Faschisten als “entartet und unheroisch”, difamiert wurde, machte ebenfalls dasselbe. Barlach erhielt zwar nie ein öffentliches Berufsverbot aber nach 1933 wurde keine seiner Arbeiten mehr ausgestellt, noch veröffentlicht.
Anwendbar ist der Begriff der Inneren Emigration als Bezeichnung für regimkritische Literatur, auch solche Autoren, die sich aus religiösen und humanen Gründen in Gegensatz zu den National-Sozialisten befanden. Hierzu gehören vor allem Autoren wie: Jochen Klepper, Ernst Wiechert, Werner Bergengruen, die nicht zufällig in Konflikt mit der Machthabern gerieten. Alle diese Autoren versuchten mit ihren Werken eine geistige Oposition gegen den herrschenden Ungeist zu errichten. Besonders in Medium des historischen Romans, der auch bei den Exilautoren eine bevorzugte Form war, versuchten sie eine Abrechnung mit dem National-Sozialismus.
Die Lektüre eher regimkritisch gementen Literatur zeigt, dass den Autoren durch Weg die Einsicht in den Charakter des deutschen Faschismus fehlte. Sie waren nicht in der Lage ihn im Zusammenhang der deutschen Geschichte und des europäischen Faschismus zu begreifen. Die weitverbreitete Auffassung, dass es sich beim National-Sozialismus um ein “Verhängnis, deutsche Tragödie, Herrschaft von Verbrechern und Demonen” gehandelt habe, zeigt das mangelnde weshalb der Widerstand dieser Autoren nichts mehr als eine hilflose Gebärde sein konnte.
Bedingt zu inneren Emigration hinzurechnen, kann man jede Gruppe von Autoren, die während der Weimarer Republik ihr schriftstellerisches Debut gaben, aber erst nach 1945 zu beachteten Verträtern der Nachkriegsliteratur wurden und das literarische Leben der Bundesrepublik bis in die 60-er Jahre hineinbestimmten (Günter Eich, Pieter Huchel, Max Frisch, Karl Krollow, Paul Celan, Oscar Loorke, Wilhelm Lehmann…).
Der Schwerpunkt der literarischen Arbeiten dieser Gruppe lag jedoch im Bereich des Tagebuchs der Kurzprosa und der Lyrik. Dies waren Formen, die der Subjektivität der Autoren einen breiten Speilraum liessen und von den faschistischen Machthabern noch am ersten geduldet wurden, weil von ihnen keine Gefärdung des Systems ausging.
Auffällig ist die Wiederbelebung traditioneller lyrischen Formen wie des Sonets, der Ode, der Hymne, der Elegie. Der Rückzug der Autoren auf sich selbst und die Natur war denoch auch wenn er als Form des Protestes gemeint war und von einigen Lesern auch so begriffen wurde keine Widerstandshandlung, sondern eine individualistische Form des Rückzugs aus der Gegenwart in das Reich der Poesie. Gerade die Naturlyrik zeigt, dass es sich bei der inneren Emigration zum grössten Teil um eine Emigration nach innen gehandelt hat.
Die demonstrative Abwendung der Schriftsteller von der politischen Wirklichkeit, der Rückzug aus der Gesellschaft und die Flucht in die Innerlichkeit ist eine Reaktionsweise, die nicht aus der Zeit zwischen 1933-1945 beschrenkt ist. Sie reicht zurück bis ins 18. Jhr. als Teile der literarischen Inteligenz auf die Entwicklung burgerlich-kapitalistischen Herrschaftsformen, bereits mit Malancholie und einen ausgepregtem Individualismus reagierten. Neben den verdekten Formen der literarisch-politischen Oposition konservativer, christlicher und burgerlicher Autoren gab es eine kämpferische literarische Produktion, die von linksburgerlichen, sozialistischen und komunistischen Autoren getragen wurde. Das eine solche Literatur nur in der Illegalität hervorgebracht und verbreitet werden konnte, versteht sich vom selbst.
Nach der Machtergreifung waren die Mitglieder der Berliner Ortsgruppe des Bundes proletarisch-revolutionerer Schriftsteller geschlossen in der Illegalität gegangen und hatten sofort damit begonnen, den politischen Widerstand praktisch zu organisieren und dafür zu werben. Ihre Aufgabe sahen sie einmal darin, ein Widerstandsnetz im Reich selbst aufzubauen und die Bevölkerung über den wahren Charakter der neuen Ausland, über den staatlichen Teror, wie über den Widerstand aufklären, drittens wollten sie durch dessen Dokumentation eine Brücke zwischen der politischen Oposition im Reich und der des Exils schlagen.
Der Bund proletarisch-revolutionerer Schriftsteller gab von 1933 bis zu seiner Aushebung durch die Gestapo 1935 eine eigene Untergrundszeitung “Hieb und Stich” heraus, arbeitete an illegalen Betriebszeitungen mit, beteiligte sich an der Herrstellung und an dem Vertrieb von Flugblättern, Flugblattgedichten und Kläbezettelgedichten und berichtete unter den Rubriken die Stimme aus Deutschland bzw. Stimme der Illegalen regelmässeig über die Zustände in Deutschland in den Exilzeitschriften “Neue deutsche Blätter” (Prag) und “Internationale Blätter” (Moskau).
Jan Petersen mit seinem Roman “Unsere Strasse” geschrieben im Herzen des faschistischen Deutschlands 1933-34, wie es im Untertitel hiess, lieferte er den ersten authentischen Bericht über die Schwierigkeiten des Untergrundkampfes und legte Rechenschaft über das neue Selbstverständnis des Autors ab. J.P. gilt zu Recht al erster bedeutender literarische Chronist der Widerstandsbewegung. Sein Buch ist das einzige konsekvent antifaschistische Buch, das während des National-Sozialismus in Deutschland geschrieben und im Ausland erschienen ist. Als Augenzeuge schildert Petersen in der Form der Ich-Erzählung den zunehmenden Teror der Faschisten gegen einen Arbeiterviertel in Berlinscharlottenburg und den Widerstand den die Bewohner leisten.
Das Manuskript schmugelte Petersen in zwei Kuchen eingebacken in seinem Rucksack aus Deutschland. Es erschien zuerst in einem Auszug 1935 in Paris, 1936 in Bern und Moskau, 1938 in London und er regte als Dokument des Widerstandes aus Deutschland beträchtliches internationales Ansehen.
Neben Petersens Chronik gab es eine Anzahl weiterer authentischer Berichte aus Deutschland. Hierzu gehören die Aufzeichnungen von KZ-Häftlingen, die zum Teil schon während der Haftzeit niedergeschrieben wurden, zum überwiegenden Teil jedoch erst nach dem die Autoren den KZ-s entkommen waren und sich ins Exil gerettet haben.
Willi Bredel verarbeitete seine KZ-Erlebnisse in dem Roman “Die Prüfung” /1934/. In der moskauer Exilzeitschrift “Das Wort” wurde 1937 auf die Wichtigkeit dieser Erfahrungsberichte aus KZ und anderen Haftanstallten hingewiesen. Diese Literatur mobilisierte für den Frieden, gegen die faschistische Unkultur und Kriegsanstiftung.
Es ist sinnvoll zwischen Emigranten, zu denen die grosse Zahl der vertriebenen Juden gehörte (cca. 142000 im Jahre 1938) und den Exilierten zu unterscheiden, bei denen es sich vor allem um Politiker, Künstler, Schriftsteller und Publizisten handelte. Der Unterschied zwischen Emigranten (Auswanderern) und Exilierten (Ausgestossenen) wird an dem unterschiedlichen Fluchtverhalten beider Gruppen deutlich. Während der Grossteil der Schriftsteller, Künstler und Publizisten bereits 1933 unmittelbar nach dem Reichstagsbrand ins Ausland floh, erreichte die judische Massenflucht erst im Jahre 1938-39 ihren Höhepunkt als die Pogrome vom 9. 11. 1938 auch den letzten judischen Bürger deutlich machte, dass es die National-Sozialisten mit der Ausrottung der Juden ernst meinten.