Jozef Nadler: Der heldische Mensch

Jozef Nadler: Der heldische Mensch
Textausschnitt (verkürzt): [...] das Zukunftsbild eines neuen Reiches, in dem sich Schicksal und Natur der Nation erfüllen wollten [...]

• In welcher Zeit könnte dieser Text entstanden sein?
• Das Heldenbild in der frühen Zeit und im Mittelalter – erläutere es anhand von Textbeispielen.
• Wann tauchen erstmals passive Helden in der Literatur auf, welche kennst Du?


Dem Wörterbuch und dem Ausdruck nach ist der Text vermutlich der Literatur unmittelbar vor oder direkt unter dem Nationalsozialismus zuzuordnen. In den Zeilen ist die Rede vom “großen Krieg”, von “Führergestalt”, vom “Zukunftsbild eines neuen Reichs”. Zudem wird von einem “heroischen deutschen Menschen gesprochen”.
Die Einordnung des Textes nach seinem Autor wird dadurch erschwert, dass die meisten Schriftsteller, die im Dienste des Nationalsozialismus standen, als eine vorübergehende Erscheinung ihrer Zeit begriffen werden müssen und keinen andauernden Platz in der Literaturgeschichte einzunehmen vermögen. Anders als in den übrigen Epochen – vielleicht mit Ausnahme der Literaturszene in der DDR – sind die Autoren als Produkte der damaligen Kulturpolitik zu sehen und haben ihrerseits keinen Einfluss auf deren Gestalt nehmen können.

Das Heldenbild in der früheren Zeit und im Mittelalter anhand von Textbeispielen:
Das Hildebrandslied – eine Form des altgermanischen Heldenliedes
Das Nibelungenlied – ein Heldenepos mit einem durchwegs zwiespältigen Heldenverständnis. Heldenhaftes Auftreten ist in diesem Epos gepaart mit schuldhaftem Verhalten, dies gilt im Grunde für alle tragenden Personen (Siegfreid, Brünhilde, Kriemhild, Hagen)
Die höfische Helden – die Ritter erscheinen als Helden, welchen höfiches und ritterliches Verhalten aerzogen werden muss (Hartmann von Aue – Erec, Wolfram von Eschenbach - Parzival)

Passive Helden in der Literatur: Tritt erstmals in Georg Büchners sozialem Drama “Woyzeck” auf. Der Soldat und Barbier Woyzeck ist ein von seiner Umgebung und von seiner Veranlagung festgelegter Mensch, der dieser Position und somit seinem Schicksal nicht entgehen kann (materialistische Anschauung im Gegensatz zur Philosophie des Idealismus). Weitere Beispiele in der Literatur für passive Helden:
Gerhart Hauptmann “Bahnwächter Thiel”
Leutnant Trotta in Joseph Roths “Radetzkymarsch”
Gregor Samsa in Franz Kafkas “Die Verwandlung”
Romanfigur namens Klein in Gernot Wolfgrubers “Niemandsland”

Anders als aktive Helden können diese Figuren das Geschehen ringsum kaum beeinflussen, sondern werden umgekehrt von diesem gesteuert.