Jazykoveda NJ 55

Deskriptive Stilistik vor der Herausbildung der Textlinguistik

Bis in die 60er Jahre des 20. Jh. ist die Stilistik die bestimmende traditionelle Disziplin, die sich mit Fragen der sprachlichen Ausgestaltung von Texten befasst.
Bis dahin gibt es noch keine Kommunikationswissenschaft wie die neueren Disziplinen Textlinguistik, Konversationsanalyse, Soziolinguistik und Psycholinguistik im Zuge der sog. Kommunikativ- pragmatischer Wende der Sprachwissenschaft etwa seit 1970.
Als synchronische Sprachwissenschaft besonders seit dem Erscheinen von F. de Saussures „Cours de linguistique générale“ (1916), „den Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft“, waren und sind ihre Hauptbereiche die auf Systembeschreibung abzielenden Disziplinen wie Phonologie, Morphologie, Syntax, Wortbildung und Semantik.

Gegenstand der Stilforschung sind in der deutschen Germanistik zunächst nicht so sehr ein “System“ der Stile der deutschen Sprache insgesamt und die Sprache der Dichtung als spezielles „System“, sondern bedeutsam sprachliche Analyse und Interpretation des einzelnen literarischen Kunstwerks (Werkstil), des Schaffens des einzelnen Dichters (Individualstil) wie auch der sprachlichen Ausdrucksformen literarischer Epochen ( Zeitstil der Klassik, der Romantik, des Realismus usw.)
Eine theoretisch bedeutsame Weiterentwicklung der Auffassungen von Stil erfolgt mit der Ausweitung des Gegenstandsbereichs der bisherigen Stilistik von ihrer vorwiegend kunstbestimmten Domäne auf die Verwendung von Sprache, insbesondere der Hoch- und Schriftsprache (Standartsprache), auch in anderen, nichtkünstlerischen Lebensbereichen.
Jeder (Schrift-, Rede- oder Gesprächs-) Text hat Stil. Stil ist nicht das Merkmal künstlerischer oder expressiver nichtkünstlerischer Sprachwendung, sondern die variierende Art des Sprachgebrauchs in allen Kommunikationsbereichen und –Situationen. Wie Alltagssprache, Sach (Arbeits-) sprache, Wissenschaftssprache, Dichtersprache u. a.
Für die Stilistik sind u. a. Havráneks Positionen wichtig; die „funktionalen Sprachen“ dürfen nicht als „Stile“ verstanden werden; sie seien bereits im Sprachsystem (als Langue) angelegte Ausdrucksmittel und Strukturen, mit Ausnahme der Dichtersprache.
Die Funktionalstilistik geht davon aus, dass es zwischen gesellschaftlichen Bereichen (wie z. B. Alltagssphäre, Öffentlichkeitssphäre oder Wissenschaftssphäre) und ihren Unterbereichen einerseits und dem Sprachgebrauch andererseits Beziehungen und charakteristische Bereichstile („Funktionalstile“) gibt.
( weiter in der Frage 25.)

Mit dem Begriff des Funktionalstils und seiner Untergliederung in funktionale Genrestile wird eine gewisse Opposition zum Begriff Individualstil.

Gegen eine so verstandene Funktionalstilistik werden gewichtige Argumente vorgebracht, die zu einer Relativierung des Konzepts und zur Überwindung von Einseitigkeiten führen:
Viel relevanter für den Nachweis von Stilsystemen ist nicht das Kriterium allgemeiner gesellschaftlicher Berei¬che; wie z B. Presse und Publizistik oder Wissenschaft, sondern die Struktur und Funktion der jeweiligen Genres bzw. Textsorten wie Reportage, Annonce bzw. technischer Fachtext, wissenschaftliches Gutachten, Lehrbuchtext.
Anstelle allgemeiner gesellschaftlicher Bereiche werden die Struktur und Funktion von Textsorten als konstitutiv für die Ausbildung und Beschaffenheit von Sprachstiltypen betrachtet.


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Die Stilistik befasst sich mit den Variationen des Stils einer Sprache und seinem Gebrauch. Dabei werden sowohl schriftlich niedergelegte Texte erfasst, als auch der mündliche Gebrauch. Bei der Stilistik geht es nicht um Unterschiede im Dialekt, sondern um unterschiedliche Anwendungen der Sprache abhängig von Kontext oder Situation. So ist innerhalb der gleichen Sprache der Stil beispielsweise abhängig davon, ob man eine Unterhaltung unter Freunden führt oder ob es eine Unterhaltung zwischen Geschäftspartnern oder politischen Gegnern ist, ob es sich um Lehre oder eine Predigt in der Kirche handelt.
Zur Stilistik gehören die Untersuchung der Wortwahl, der Intonation, der Rhythmik, des Satzbaus und ähnlicher Eigenschaften abhängig zum Beispiel von Tradition, Zeitperiode und Genre.
Ein literarisches Genre hat einen ganzen Satz von stilistischen Regeln, mit denen es sich von anderen unterscheidet.


Stil
Der Stilbegriff wird zu den unterschiedlichsten Anlässen verwendet. Gemeinsam ist allen Definitionen jedoch, dass Stil etwas Kennzeichnendes sei, das seine Gegenstände von anderen unterscheide (Distinktion) und in allen Gegenständen (oder sogar in Teilen davon) ablesbar sei: für die gesprochene Sprache nennt man diese Erscheinung Redestil, in Texten äußert sich der Literaturstil, als Grundlage für beides dient der (umstrittene) Denkstil. Die Wissenschaft von der Besonderheit eines sprachlichen Ausdrucks im Vergleich zu anderen nennt man Stilistik. Stilistiken können erklärend sein (Stiltheorie), sie können bestimmte Schreib- und Sprechweisen normativ festschreiben (präskriptive Stilistik) oder ohne Wertung beschreiben (deskriptive Stilistik), sie können Analyse des Einzeltexts sein (Stilanalyse) oder Grundfragen des Stils zu klären versuchen (Stilforschung).