Interpretation des Werkes- Schachnovelle

Interpretation des Werkes

Die Novelle wird in der Ich-Erzählsituation erzählt. Der Erzähler gehört zur Welt des Geschehens; er ist ein Teil davon.
Stefan Zweigs ,,Schachnovelle" stellt zwei Schachgenies einander gegenüber. Beide sind aber sehr unterschiedlich. Während Dr.B ein guter, kluger und beliebter Mensch ist, ist Mirko Czentovic ein arroganter Mensch, ohne Intelligenz. Czentovic verkörpert hier den Nationalsozialismus und Dr. B repräsentiert die europäischen Intellektuellen mit konservativer Werthaltung.
In dieser Novelle gibt es sowohl positive, als auch negative Figuren. Zu den positiven Figuren gehören Dr.B und der Erzähler. Negativ gezeichnet sind Czentovic und der reiche Investor - McConnor.
Anhand des Schachspiels wollte der Autor zeigen, dass die Leute, die an der Macht waren, oft diese Macht an Schwächeren ausgeübt haben. In der Zeit des 2. Weltkrieges waren an der Macht Leute, die mit anderen, die unterdrückt waren, nur manipulierten. Die einfachen Leute waren für sie nur Marionetten, die willenlos getan haben, was von ihnen andere forderten.
An der Gestalt von Dr.B kann man die autobiographischen Züge sehen. Dr.B litt wie der Autor selbst unter Nationalsozialismus. Beide waren gebildet und stammten aus einer wohlhabenden Familien. Stefan Zweig musste sein Heimatland verlassen, er fühlte sich überall fremd und deshalb litt er sehr. Dr.B litt unter der Isolationshaft.
Der Schachkampf zwischen Czentovic und Dr. B kann man interpretieren als Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen, was wiederum als Krieg zwischen den Amerikanern (gut) und Nazi- Deutschland (böse) gedeutet werden kann. Der Autor verdeutlicht McConnors und Czentovics Weltanschauung, die sich nur auf das Materielle vertieft, im Buch sehr deutlich. Dr. B ist sehr gebildet und kulturell begabt, was die Nationalsozialisten verachteten und solche Art Menschen unerbittlich eliminieren wollten.


Der Erzähler
Das ganze Buch wird aus seiner Sicht erzählt. Er ist kein distanzierter Beobachter, er interpretiert das Geschehen, konzentriert das Verfahren der einzelnen Personen und Ereignisse. Er ist also praktisch der Auslöser der Geschichte. Der Erzähler ist ein Freizeit-Schachspieler, der von der Kunst des Schachspiels überhaupt keine Ahnung hat. Trotzdem ist er aber daran interessiert, was das für ein Mensch ist, der die Kunst des königlichen Spiels beherrscht. Der Erzähler wird nur indirekt charakterisiert. Er ist eine starke, gefestigte Persönlichkeit, ein Emigrant, Österreicher und stammt aus dem Großbürgertum. Am Ende des Buches rettet er den Dr.B vor seinem Schachfieber.

Mirko Czentovic
Mirko ist der Sohn eines armen Donauschiffers, der stirbt als Mirko zwölf Jahre alt ist. Der Ortspfarrer nimmt Mirko auf. Mirko war ein Außenseiter, hat keine Freunde und in der Schule war er auch nicht gut. „Wenn er rechnen sollte, musste er noch mit vierzehn Jahren jedesmal die Finger zu Hilfe nehmen, und ein Buch oder eine Zeitung zu lesen bedeutete für den schon halbwüchsigen Jungen noch besondere Anstrengung.“ Er war nicht faul. Er machte alles, was ihm gesagt wurde, aber „Er tat nichts ohne besondere Aufforderung, stellte nie eine Frage, spielte nicht mit anderen Burschen und suchte von selbst keine Beschäftigung..“ Abends, wenn der Pfarrer mit dem Dorfpolizisten Schach spielt, sitzt Mirko scheinbar schläfrig daneben und sieht zu. Seine einzige Fähigkeit wird entdeckt, als der Pfarrer eines Abends von einer Schachpartie zu einer Kranken gerufen wird. Mirko spielt mit dem Polizisten das Spiel zu Ende und gewinnt. Von diesem Tag an wird seine Karriere gefördert und er
bekommt große Anerkennung im ganzen Dorf. Mit 18 Jahren gewinnt er die ungarische Meisterschaft und mit 20 wird er zum Schachweltmeister gekrönt. Trotz seines Erfolges und Reichtums blieb der Champion ein Bauernjunge. „...trotz seines feierlichen schwarzen Anzuges, seiner pompösen Krawatte mit der etwas aufdringlichen Perlennadel und seiner mühsam manikürten Finger, blieb er in seinem Gehaben und seinen Manieren derselbe beschränkte Bauernjunge.. “ In vielen Kreisen wird er belächelt, dass er Analphabet ist und zudem, dass er als Schachmeister sich das Schachbrett gedanklich nicht vorstellen kann. Mirko Czentovic hat auf dem Schachbrett zwar Erfolg, aber im Leben ist er ganz allein, ohne Freunde. Er ist ein Materialist, der nur an Geld und Macht interessiert ist. Außerdem ist er arrogant. Er beobachtet seine Gegner, findet deren Schwächen heraus und nutzt sie, um zu gewinnen. Mirko Czentovic verkörpert die Seite des Nazis, die Intelligenz und Intellekt mit Gewalt unterdrücken.

Dr.B
Er ist ein österreichischer Emigrant. Er wird beschrieben als „ein von etwa fünfundvierzig Jahren Herr, dessen schmales, scharfes Gesicht mir schon vordem auf der Deckpromenade durch seine merkwürdige, fast kreidige Blässe aufgefallen war...“ Der Leser erfährt nicht seinen Namen, nur seine Herkunft. Dr.B gehört zu einer altösterreichischen Familie an. Sein Vater war Mitglied der christlich-sozialen Partei und hatte gute Verbindungen zum österreichischen Kaiserhaus und zu verschiedenen Klöstern. Man lernt Dr. B als vorsichtigen Juristen kennen. Trotz allem ist es den Nationalsozialisten gelungen, ihn zu verhaften. Er gehörte zu der Gruppe, die in ein "Hotelzimmer" eingesperrt wurde. Obwohl dort keine körperlichen Erniedrigungen verübt wurden, litt Dr.B unter der Einsamkeit und der Monotonie. „Es gab nichts zu tun, nichts zu hören, nichts zu sehen, überall und ununterbrochen war um einen das Nichts, die völlige raumlose und zeitlose Leere. Man ging auf und ab, und mit einem
gingen die Gedanken auf und ab, auf und ab, immer wieder.“ Sein Geist hat angespannt gearbeitet. Einmal kann er aus einer Manteltasche ein Buch stehlen. das Buch war über 150 Meisterschachpartien. Als er alle Partien auswendig gelernt hat, steht er wieder vor dem Nichts. Er fängt an, mit sich selbst Schach zu spielen. Von diesen Zeitpunkt spaltet sich sein Gehirn in zwei Ichs und er verliert immer öfter die Selbstkontrolle. Er versucht, sich selbst zu besiegen, und wenn das eine Ich gewann, gab es sofort die Revanche. „Ich konnte nur Schach denken, nur in Schachbewegungen, Schachproblemen; manchmal wachte ich mit feuchter Stirn auf und erkannte, dass ich sogar im Schlaf unbewußt weitergespielt haben musste, und wenn ich von Menschen träumte, so geschah es ausschließlich in den Bewegungen des Läufers, des Turms, im Vor und Zurück des Rösselsprungs.“ Als er später das Nervenfieber bekam, musste er in ein Krankenhaus, wo ihn der Arzt vor Schachspielen gewarnt hat und dann wird
er aus der Haft entlassen. Die Schachpartie mit Mirko bedeutet für ihn ein Test, ob er vom Wahnsinn völlig genesen ist. Das erste Schachspiel verging ganz gut und Dr.B gewann. Das zweite Schachspiel ist aber ein anderes Schachspiel. Dr.B ändert sich, wird immer nervöser, aber der Erzähler rettet ihn im rechten Moment. Dr.B gewinnt sofort wieder die Kontrolle über sich und ist wieder der kultivierte, höfliche Mann. Dr. B. verkörpert den Widerstand des moralischen Intellektuellen gegen den Faschismus. Er stellt einen genauen Gegensatz zu dem ungebildeten und gefühlskalten Czentovic dar. Der Leser erfährt über innere Einstellung und über seine Gefühle nichts. Nur seine Emotionen während der Isolationshaft sind bekannt.


McConnor
Er ist ein schottischer Tiefbauingenieur und kommt aus Kalifornien. Er hält sich selbst für unfehlbar und perfekt und will seine Schwächen nicht zugeben. Für ihn ist alles ein Geschäft. Er will den arroganten Weltmeister besiegen. Alles und alle in seiner Umgebung haben perfekt funktioniert. McConnor ist gewöhnt zu bestimmen, was passiert und benutzt die Menschen als seine Marionetten.
Das vordergründige Thema der Novelle ist der Kampf zweier Monomanen miteinander: eines von Natur aus völlig einseitig begabten Menschen (Czentovic) mit einem, den äußere Umstände in eine Manie verfallen ließen (Dr. B.). Beide verkörpern eine Daseinsform: die Geistigkeit und die Ungeistigkeit.