Historische Bezüge des Werkes-Das siebte Kreuz

Historische Bezüge des Werkes


Anna Seghers zeichnet in ihren Werk „Das siebte Kreuz“ ein sehr differenziertes und eindruckvolles Bild von der deutschen Wirklichkeit des Dritten Reiches und berichtet vom antifaschistischen Widerstandskampf.
Das Material für ihr Buch, die Tatsachen, erfragt sie sich von Menschen, die aus Nazi- Deutschland flüchten konnten. Auch die Geschichte mit den Kreuzen erzählt man ihr, die in einem Konzentrationslager für geflohene Häftlinge aufgestellt wurden. Kein Wunder dass sich Anna Seghers vieles zu erfragen könnte, denn sie ist gewohnt, Menschen zum Reden zu bringen, ihre Geschichten aufzunehmen und zu verarbeiten. Als Historikerin weiß sie mit Zeitungsmeldungen, Dokumenten, Archivmaterialien umzugehen. Als Beispiel dafür nenne ich paar Beispiele:
1. Presseberichte aus „ Deutsche Volkszeitung“
2. Bücher für die Verhältnisse in den KZs:
- Bredel: „ Die Prüfung“ 1934
- Langhoff: „ Die Moorsoldaten“ 1935
- Beimler: „ Mörderlager Dachau“ 1933
- Gerhard: „ Oranienburg“ 1934
3. Bücher für die Verhältnisse außerhalb des Lagers:
- Peterson: „ Unsere Straße“ 1936
- Bredel: „ Dein unbekannter Bruder“ 1937
Sie schreibte in Cafés oder in ihrer Wohnung im Pariser Vorort Bellevue.
Jetzt erlaube ich mir ein Interview von Wilhelm Girnus mit Anna Seghers über die Entstehungsgeschichte des Romans mit Ihnen zu mitteilen. Also:
GIRNUS: ... „ Das siebte Kreuz“ war ja nur nun in seiner Thematik eine Geschichte, die sie nicht selbst erlebt haben konnten, weil Sie ja schon zuvor aus Deutschland flüchten mussten. Wie kamen Sie zu diesem Stoff?“
SEGHERS: „Man hat mir oft erzählt von Vorkommnissen in Konzentrationslagern. Ich erzählte Ihnen schon, ich war oft in Schweizer Teil des Rheingebietes, und ich habe viele Flüchtlinge gesprochen, und irgendjemand hat mir diese sonderbare Begebenheit- ich sage sonderbar und schrecklich zugleich, die am allerunwahrscheinlichsten klingt, berichtet, nämlich diese Sache mit dem Kreuz, an das ein Häftling gebunden wird, den man wieder gefunden hat. Nach und nach hat sich in mir ein- wie soll ich es nennen- Wunsch ist falsch, Drang ist erst recht falsch, entwickelt. In mir hat sich, wie in einem Menschen, der, sagen wir, sich fragt, welche Stelle ist am besten, um etwas zu bauen, das Gefühl und auch die Sicherheit herausgebildet, dass das Beste ist, wenn ich über Deutschland etws schreiben will, als Hauptperson diesen Menschen zu nehmen, der sich gerettet hat. Ich wollte zeigen, warum sich die übrigen nicht gerettet haben und warum sich dieser eine gerettet hat. Dabei kann ich Ihnen vielleicht noch etwas sagen. Jemand hat mir auf meiner Spanienreise auf einen Roman aufmerksam gemacht, den ich bis dahin nicht kannte. Und dieser Roman hat thematisch, ohne dass das jemand vermuten möchte, auf diese „ Siebte Kreuz“ eingewirkt. Ich weiß nicht, ob Sie ihn zufällig selbst kennen, den italienischen klassischen Roman „ Die Verlobten“...“
GIRNUS: „ ... von Alessandro Manzoni...“ „ I promessi sposi“…
SEGHERS: “ Ja, eben das. Es wird nämlich in diesem Roman an einem Ereignis die ganze Struktur eines Volkes aufgerollt, und da hab ich mir gedacht, diese Flucht ist das Ereignis, an dem ich die Struktur des Volkes aufrollen kann.“
GIRNUS: „ Das ist sehr interessant, und damit haben Sie eigentlich zugegeben, die Tatsache, dass sich einer der Gefangenen rettet, besitze einen gewissen symbolischen Wert. Dass also auch die Kräfte in de Volk vorhanden sind, die sich und Deutschland retten können.“
In einem anderen Interview von Christa Wolf sagte Anna Seghers: „Vielerlei Umstände, Begebenheiten sind mir immer wieder von Emigranten, und darunter waren auch Flüchtlinge aus Lagern, genau erzählt worden, genau beschrieben worden auf meine Bitte. Als ich das Manuskript schließlich korrigierte, hatte bereits der zweite Weltkrieg beginnen. Als er fertig war, gingen mir, zu meinem schrecklichen Kummer, mehreren Kopien verloren. Ich fürchtete sogar eine Zeitlang, die ganze Abschrift wäre verloren gegangen. Zum Glück, ist ein Exemplar bei Franz Weiskopf, der damals inden Staaten war, angekommen. Ein französischer Freund, der es übersetzten wollte, lag als Soldat in der Maginotlinie mit dem Manuskript. Und ein anderes, das ich einer Freundin geliehen hatte, ging bei einem Luftangriff mit dem Haus zugrunde. Und schließlich musste ich ein Manuskript, ganz kurz bevor die Deutschen in Paris eingezogen, selbst verbrenne. So war das damals.
WOLF: „ Das Buch erschien zuerst in den USA?“
SEGHERS: „ Ja, aus Gründen, die ich eben erklärt habe.“ 4
Mit der gesamten Veröffentlichung des Romans war es aber vielschichtiger. Der Roman wurde zwar zu erst in den USA erschienen davor erschien er teilweise in Russland. Im Jahre 1939 erschien im Moskau erscheinender Zeitschrift „ Internationale Literatur“ erstes Kapitel des Romans. Im Jahre 1941 erschienen Teile der Fortsetzung in der russischen Zeitschrift „ Oktiabr“. Im Jahre 1940 wurde im Paris das Manuskript fertig gestellt: Ein Exemplar verbarg ein französischer Lehrer, ein anderes musste beim Vormarsch der Deutschen auf Paris verbrennen, ein Drittes erreichte F. C. Weiskopf in den USA, der es in englischer Sprache veröffentlichte ( 1942.) Im Jahre 1942 wurde im Mexiko erste deutsche Ausgabe herausgegeben. In dem selben Jahr wurde deutsche Ausgabe als Marschgepäck für amerikanische Soldaten gegeben. Gegen Kriegsende wurde dieser Roman „ Das siebte Kreuz“ mit Spencer Tracy verfilmt. Und als Anna Seghers im Jahre 1947 aus Mexiko zurück kam, erhält sie für den Roman den „ GEORG- BÜCHNER- PREIS“ der Stadt Darmstadt. Außerdem veröffentlichte Anna Seghers ihren Roman zwar nur in niedriger Auflage, aber trotzdem auch in der BRD. Dann aber fünfzehn Jahre nicht mehr. Und heut zu tage bildet dieser Roman einen festen Bestandteil der Schullektüre ein.