Heinrich Böll: Ansichten eines Clowns (Interpretation) NJ

3. Interpretation
3.1 Erzählperspektive
Der Roman wird aus der subjektiven Ich-Perspektive des Clowns Hans Schnier erzählt,
der Leser wird daher gezwungen sich in die Rolle von Hans Schnier zu versetzen, der
aus zwei Erzählebenen berichtet (Erinnerungsebene und Handlungsebene). Der Roman ist in
25 Kapitel geteilt.
3.2 Die Rahmenhandlung
Die Rahmenhandlung des Romans bezieht sich auf einen Zeitraum von 3,5 Stunden
und beschreibt die Situation des Clowns nach seiner gescheiterten Karriere und wie er versucht
Kontakt mit Verwandten und Bekannten aufzunehmen, um an Geld zu kommen. Nachdem
er einige Telefonate geführt hat, erkennt er die Verlogenheit und Verstellung dieser Personen,
daraufhin geht er zum Bahnhof und fängt an zu betteln. Zwei schwere Schicksalsschläge,
die ihn dazu veranlassen mit der Gesellschaft „abzurechnen“ ist die gescheiterte Liebesbeziehung
zu seiner Freundin Marie und der Tod seiner Schwester Henriette, als er noch
ein Kind war.
3.3 Thematik
Der Berufsclown Hans Schnier kritisiert politische und gesellschaftliche Missstände in
der Nachkriegszeit und lehnt den Einfluss der Gesellschaft auf das Individuum strikt ab.
H. Böll personifiziert seine Kritik an der Vergangenheitsbewältigung, indem er bestimmte
Personen durch Erlebnisse in der Vergangenheit, sowie in der Gegenwart zeigt, jedoch wird
der Leser schonend damit konfrontiert, da sie indirekt durch Satire geäußert wird Hans
Schnier übt Kritik an der Vergangenheitsbewältigung der Wirtschaft
(sein Vater ist das Beispiel dafür, Herbert Kalick).
Kritik an der Vergangenheitsbewältigung der Politik (bestes Beispiel hierfür
ist seine Mutter)
• Viele Nazis haben sich zu Opportunisten und Demokraten gemausert.
• Man vermeidet die Trauerarbeit und geht zur Tagesordnung über.
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Böll selbst hat in Bezug auf sein Werk mehrfach den Begriff „Fortschreibung“ verwendet:
Seine Romane, Erzählungen, Hörspiele bauen aufeinander auf, schließen sich aneinander
an, und viele Themen werden immer wieder neu aufgegriffen, variiert und in wechselnden
Kontexten literarisch verarbeitet. Außer der Liebe und dem Krieg ist ein solches Thema
zweifelsohne die Religion. Sie ist es zum einen als ursprüngliche religio, als des Menschen
Suche nach und Rückkehr zu seinem Ursprung, als Weg aus der Entfremdung, Suche nach
Gott und einem wirklichen Sinn des Daseins, zum anderen als Religion in der speziellen Form
des Katholizismus, jener christlichen Konfession, in der Böll aufwuchs, lebte und der er trotz
harter Kritik und scharfer Auseinandersetzungen, die in seinem Kirchenaustritt gipfelten, stets
verbunden blieb. Böll selbst sagte im Interview mit Marcel Reich-Ranicki:
„Aber im Grunde interessieren mich als Autor nur zwei Themen: die Liebe und die
Religion. Für beide Themen ist im innerdeutschen Katholizismus kein Platz.“
Andere Themen kommen in Bölls Werk kaum vor.
Arbeit, vor allem Arbeit in unserer Gesellschaft, scheint für Böll keinen Stellenwert besessen
zu haben, der sie auf eine Stufe mit seinen - im wahrsten Sinne des Wortes - elementaren
Themen Essen, Wohnen, Liebe, Religion stellen würde. Sie scheint ihn schlichtweg nicht interessiert
zu haben.
Ursprüngliche wird durch die Begriffe Brot, Haus, Wort symbolisiert.
3.4 Kritiken an der Vergangenheitsbewältigung der Katholiken
• Die Doppelbödigkeit der Moral, die Heucheleien werden von Schnier stark kritisiert
• Das soziale Elend wird von vielen verharmlost (Relativierung des Missstandes)
• Die Menschen verdrängen die Vergangenheit, sie konzentrieren sich auf die Gegenwart und
wehren Trauer ab.
• Viele Nazis erschlichen sich unter dem Schutz des kath. Kirche eine reine Weste.
• Man muss sich einer Gruppe anpassen, mit deren Meinung konform sein, um nicht als Außenseiter
abgestempelt zu werden
3.5 Beweise des Einflusses des Katholizismus
Als sie in Erfurt war (Marie), wollte sie eine katholisch- theologische Fakultät sehen. Sie wurde
nicht herzlich empfangen, weil jemand merkte, dass sie nicht verheiratet ist. Der Theologe
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fragte sie: „Aber Sie sind doch wirklich Katholikin?“ Marie hatte ihm geantwortet: „Ja, auch
wenn ich in der Sünde lebe, bleibe ich ja katholisch!“
Sommerwild beeinflusste auch Marie. „Ich werde eine Frau nicht daran bestärken im Konkubinat
zu verharren.“
Nach Hans sind die Katholiken gegenüber einem Ungläubigen hart, wie Juden gegenüber
Christen und Christen gegenüber den Heiden.
Beweise des Einflusses des Katholizismus im Werk:
Das Ende des 20. Kapitels Telefongespräch -Ende der „Adenauer-Ära“ -
„Sie sind Deutscher, ich spreche grundsätzlich nur mit deutschen Menschen.“ - „Das ist ein
guter Grundsatz“, sagte er. „Wo fehlt’s denn bei Ihnen?“ - „Ich mache mir Sorgen um die
CDU“, sagte ich, „wählen Sie auch fleißig CDU?“ - „Aber das ist doch selbstverständlich“,
sagte er beleidigt ... (restaurierten Adenauer - CDU, Rückstände des 2 Weltkrieges sind zu
spüren)
4. Bedeutung des Begriffs Clowns
„Der Clown ist Kind des Banalen und dessen frohlockender Überwinder, Geschöpf
der Welt und Schöpfer der Anti-Welt, die jene entlarvt und verlacht; Leidender und Triumphierender
in einer Person.“(G. Blöcker in: W. Lengping, Der Schriftsteller H. Böll, S. 88)
Er ist Gegner des Verlogenen, Vertreter radikaler Wahrheit, er schockiert die Gesellschaft
durch ungenierte Wahrheit.