GEORG TRAKL

GEORG TRAKL *1887 +1914

Georg Trakels Gedichte formulieren ein Weltgefühl von Ohnmacht, Fatalismus und Verzweiflung, konkretisiert in Bildern von Bedrohung und Zerstörung. Mit ihnen reflektiert sich in einer indireckt vermittelten Weise der Zustand der verfallenden Donau-Monarchie vor dem 1. Weltkrieg, deren soziale Spannungen und Krisen ihren strukturellen Niederschlag in Trakels Lyrik fandten.
Das lyrische Subjekt als solches, kaum in Erscheinung, sondern hinter seiner bildlichen Visionen tretend, artikuliert sich in eindringlichen Vorstellungen von Trauer und Schrecken. Gefühle von Chaos der Welt und Vorstellungen von Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhangs korespondieren mit einer lyrischen Form und Methode, die zielenweise einzelne Bildteile zu einem neuen Eindruck fügt, der seine Ausdrucksintensität dadurch gewinnt, dass er dem spontanen Wirklichkeitserlebnis unmittelbar Ausdruck verleit. Auf diese Weise entsteht eine lyrische Bildersprache, die vom Autor erfahrene Realität von drohenden Untergang erfährt ihre Bestätigung durch historische Wirklichkeit des Krieges, dessen Schrecken und Chaos Trakels Lyrik prophetisch antizipierte. Das ist ihr realistisches Moment.

JOHANNES R. (ROBERT) BECHER

Zu Beginn seiner literarischen Entwicklung wurde das Schaffen J.R.B.-s von ähnlichen Motiven und Themen geprägt wie bei den anderen Expressionisten. Einerseits Vorstellungen und Empfindungen von Lebensekel und Weltende, andererseits Protest und Ausbruchwille. Der Autor war davon überzeugt, dass die eigenen Leiden und Wünsche, mit denen seiner Zeit identisch waren die Wiedersprüche des Subjektivismus wurden von ihm als solche der Gesellschaft begriffen. Das Gedicht hatte die Funktion das eigene Erleben ihhaltlich und formal aufzunehmen, es zu erklären und schliesslich zur Selbstbefreiung beizutragen.
Die neue Poesie soll sich nicht mehr an den erlesenen Zirkel den eingewandten wenden, sondern als Phanfarenruf von der Tribune erschallen, um die Massen zu erreichen. Das lyrische Subjekt nimmt die Umwelzung und Befreiung vorweg, damit es seine Adressaten mobilisieren kann. Dieser Prozes stellt sich auf 3 Ebenen dar: vom subjektiven Erlebnis des Dichters über die Formulierung der Gedichte bis zur im Werk artikulierten Tat als Model der realen Veränderung. B.-s Veränderungswille zielte nicht auf eine konkrete Menschengruppe, konnte keine Lösungen für praktische Aufgaben und Aktionen anbieten, sondern appelierte er an eine allgemeine emotionale Bereischaft zur Veränderung.
Aber anders und deutlicher als seine expressionistischen Zeitgenossen, setzte sich B. in Gedicht mit den Wiedersprüchen seiner Zeit auseinander. Der Hunger nach einer Tat trieb ihn, er begrif, dass nur sie die gesellschaftlichen Wiedersprüche lösen konnte.
Man mag die literarische Bewegung des Expressionismus in die deutsche Tradiotion anordnen und findet man dann manchelei Berürungspunkte mit der Revolte des Sturm und Drangs im 18. Jahrhundert. So wie damals die Unzufriedenheit der burgerlich-literarischen Inteligenz mit den feudal-absolutistischen Zuständen ihren Ausdruck in lyrischen und dramatischen Protest fand, so auch in der literarischen Revolte des Expressionismus zu Beginn des 20. Jhr. Gemeinsam ist beiden literarischen Strömungen, dass sie grossen historisch-politischen Umwelzungen (franz. und russische Revolution) vorangingen, ohne für Deutschland eine direckte politische Wirkung zu zeitigen. Sie beschränkten sich auf eine Revolutionierung der literarischen Formen und Inhalten und sind insofern eine typische deutsche Erscheinung.


Die Expressionisten begriffen in der Regel weder die Ursachen, der von ihnen erlebten und dargestellten Krise, noch entwickelten sie Vorstellungen zu ihrer Überwindung.
In Jahren 1918-19 fehlten den radikalisierten Schriftstellern eine politische Richtung, die sie in der vom Reformismus geprägten sozial-demokratischer Arbeiterbewegung deutlich an der programatischen Kritik der Zeitschrift ”Die Aktion” gegenüber der Sozial-demokraten, deren oportunistischen Parlamentarismus sie ablehnte und durch eine anarchistische Programatik zu ersetzen versuchte.
Nur wenige Literaten griffen praktisch in expressionistische Auseinandersetzungen der Revolution 1918-19 ein (z.B. Ernst Toller). Einige starben in jungen Jahren z.B. Trakel, Heym, die meisten entwickelten sich in höchst unterschiedliche Richtungen: Becher zum Sozialismus, Dublin zum Kristentum, Benn parziel zum Faschismus, einige wurden zu erfolgreichen Vielschreibern wie Werfel, andere zu hungernden Emigranten wie Else Lasker-Schüler.
So verfiel auch Anfang der 20. Jahre der Expressionismus als einheitliche literarische Bewegung sehr schnell. Die Heterogenität der Ansetze und Perspektiven war tragfähig solange der Protest sich auf die gemeinsame Gegnerschaft gegen die imperialistischen Verhältnisse im wilhelminischen Deutschland konzentrieren konnte, er war hinfällig in dem Moment als die parlamentarische Republik per Verfassungsnorm die Freiheit von Kunst und Literatur und damit die individuelle Stellung der Schriftsteller zu garantieren schien.