Expressionismus

Als Expressionismus bezeichnet man die Epoche, die zwischen Jahren 1910 und 1925 verlief. Jene Epoche verbreitete sich von Deutschland aus auf das europäische Ausland. Die Werke:
Nach Damaskus, Ein Traumspiel und Gespenstersonate des schwedischen Autors August Strindbergs wurden für den expressionistischen Stil vorbildlich. „Die einzelnen Personen waren nun mehr Sprecher einer Beichte und Klage des Dichters, die Handlung löste sich in Visionen und Träume des Dichters auf. (Frenzel 1991, S.532)“ Thematisch lehnte man sich an die russischen Autoren Tolstoj und besonders Dostojewskij an, die mystischen und sozialanklägerischen Züge kamen zur Geltung. Die Illuminations des Franzosen Arthur Rimbaud und die Gedichtsammlung Les Fleurs du Mal von Charles Baudelaire waren vor allem für die frühexpressionistische Lyrik entscheidend.
Der Begriff Expressionismus – Ausdruckskunst – stammt aus der bildenden Kunst, wobei die Gruppen „Der blaue Reiter“ (Macke, Marc, Klee, Kandinsky, Kubin) in München und „Die Brücke“ (Heckel, Kirscher, Nolde, Schmidt-Rottluff) in Dresden für die deutsche bildende Kunst besonders wichtig waren (vgl. Baumann 2000, S. 185). 1911 wurde die Bezeichnung das erste Mal von Kurt Hiller auf die „jüngst-berliner“ Literatur. Diese Bezeichnung wurde während des Weltkrieges oft gleichbedeutend mit „Moderne“ verwendet. (ebd. S. 530)
Der Expressionismus stellte das innere Erleben des Künstlers und Dichters über das äußere Leben. Die Dichter sollten zu „Künder“ sein, Menschen mit Gesichten, die sie zum Ausdruck bringen müssen. (vgl. ebd. S. 533) Im Unterschied zur naturalistischen detailgetreuen Nachahmung der äußeren Wirklichkeit beschränkte sich die expressionistische Kunstrichtung auf „das Wesentliche“. (vgl. Baumann 2000, S. 185)

Der Expressionismus war eine Bewegung größenteils junger Autoren, die zwischen 1875 und 1895 geboren wurden und die hauptsächlich dem bürgerlich intellektuellen Milieu entstammten. Er entwickelte sich aus einer ästhetisch und philosophisch orientierten Bewegung zu einer politische betonten. In den politisch stabilen Jahren nach der Jahrhundertwende entdeckten die jungen Intellektuellen eine Gesellschaft, deren Moral fragwürdig geworden war und deren Wohlstand sich häufig auf industrielle Ausbeutung zurückführen ließ. Sie verwarfen den technischen Forschritt sowie auch das gesamte positivistische Weltbild und betrachteten misstraurisch den wachsenden Einfluss des Militarismus und des Patriotismus und deren gesellschaftliche Folgen. Gleichzeitig mit der Verbesserung der sozialen Verhältnisse entstand angesichts der aufziehenden politischen Gefahr ein Gefühl der Bedrohung, die später im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) zur furchtbaren Realität wurde. (vgl. Baumann 2000, S. 189)
Die Rettung der Menschheit und der Welt vor dem Untergang sahen die Expressionisten in einer Veränderung des Individuums. „Die Welt kann nur gut werden, wenn der Mensch gut wird (K. Pinthus: In: Baumann 2000, S.189).“ Obwohl sich die expressionistischen Autoren in der Einsicht einer nötwendigen Erneuerung einig waren, kann man jedoch nicht von der Einheitlichkeit in der expressionistischen Literatur sprechen.
Visionen von Krieg und Weltuntergang prägten Kunst und Literatur und spiegelten die Stimmung der Zeit. Die Hauptthemen sind Apokalypse, Sinnflut und Gerichtstag. Der Schrei, das Bild des norwegischen Künstlers Edward Munch drückte treffend die expressionistischen Empfindungen aus. Mit einem aufwühlenden, meist anklägerischen Pathos, das bis zur Ekstase ging, bis zu dem expressionistischen „Schrei“, wollte man: „die Aufmerksamkeit der Mitmenschen errungen. (Frenzel 1991, S. 534)“ Die expressionistischen Publikationsorgane kümmerten sich für die Verbreitung ihrer Programme und warnten schon früh vor dem nahenden Krieg. Diese Publikationen hatten ungewöhnlich sprechende Namen, sie waren radikal, aufwühlend und man zählte zu ihnen: der Sturm und die Aktion (1910, Berlin, siehe Anhang), die Schaubühne (1905, ab 1918 die Weltbühne, Berlin) oder die weißen Blätter (1913, Leipzig).
In den Zeitschriften fehlte auch nicht an Druckbild und Illustrationen, die Wirkung des geschriebenen Wortes noch unterstrichen.
Zu Beginn des Expressionismus war Lyrik die herrschende Gattung, da sie die Gefühle jener Zeit am besten zum Ausdruck brachte. Sie war aufwühlend, anklagend und aufrufend. Charakteristisch für die Lyrik wurde „ der hymnisch verkündete Menschheitsglaube“ (Frenzel 2000, S. 533) des Amerikaners Walt Whitman während die französischen Symbolisten von Baudelaire bis Verlaine die Gefühle von Kälte, Angst und Beklommenheit hervorriefen. Zu den wichtigen Lyrikern dieser literarischer Epoche zählte man Georg Trakl, Georg Heym, Franz Werfel, Else Lasker-Schüler und Ernst Stadler.
Im Drama bedeutete der Expressionismus einen wichtigen Bruch mit dem Illusionstheater, wie es vom Naturalismus entwickelt worden war. Lag in den bevorzugten Themen (Leiden an der Gesellschaft, missverstandene Jugend, der Künstler als Prophet) ein nicht immer modern anmutender Pathos, so wurden viele Stücke durch ihre Struktur, Dialogführung und spielerische Phantasie bahnbrechend für ein modernes Theater. Der junge Bertold Brecht zu dessen bekanntesten Vertretern.