Episches Theater
Episches Theater
Im epischen Theater Brechts der Zuschauer Gegenüber von dramatis personae und Handlung ist. Die handelnden Personen und die dramatische Handlung werden Gegenstand seiner Untersuchung, wie sie Gegenüber der Darstellung des Schauspielers ist.
Im das zu erreichen, Brecht benutzt eine Reihe von Darstellungmittel, die er als "episch" bezeichnet. Vor allem soll der Schauspieler seine dramatische Figur so darstellen, so daß der Zuschauer an der Person auf der Bühne nicht nur die dramatische Figur, sondern den Darsteller dieser Figur. Der Schauspieler soll klarmachen, daß er nicht mit der dramatischen Figur nicht identisch ist. Er soll sie gestisch zeigen, von ihr erzählen (episch = erzählerisch). Wichtig für seine Darstellung ist nicht die mimische Nachahmung, sondern die gestische Deutung. Durch seine gestische Sprache z.B. kann er sich von der Figur trennen. Neben sprachlichen Gesten kann der Schauspieler auch andere Mittel wie Komik, Selbstbetrachtung, Zuschaueransprache benutzen, um seine unabhängige Stellung deutlich zu machen.
Die Handlung im "epischen Theater" läuft nicht auf Spannung hin. Das dramatische Theater baut auf der Spannung und verlangt eine geschlossene Konstruktion der Handlung mit markiertem Anfang, Höhepunkt und Ende. Die berühmten drei Einheiten von Zeit, Raum und Handlung, die einsträngige und gradlinige Zielstrebigkeit der Handlung, die Einheit von hoher sozialer Stellung und gehobener Sprache der dramatis personae haben alle die Spannung zum Ziel. Solche formalistische Strenge scheint Brecht nicht geeignet, die moderne Realität wiederzugeben. Er verlangt für sein "episches Theater" anstatt der Spannung die Unterbrechung. Danach soll die Handlung nicht zielstrebig zu Ende laufen, sondern in verschiedenen unabhängigen Szenen dargestellt werden. Diese dramatische Form nennt er eine "große Form". Die Literaturkritik bezeichnet seine dramatische Form mit der des modernen Dramas als eine "offene Form" im Gegensatz zur "geschlossenen Form" des dramatischen Theaters. Songs und Balladen werden bei Brecht benutzt als Einlagen, um die Handlung zu unterbrechen und die Zuschauer von der dramatischen Illusion erneut herauszuholen. Auch Plakate, Projektion, Transparente und andere theatralische Mittel werden benutzt, um solche Unterbrechungen herzustellen.
Historisierung ist auch ein wichtiges Mittel im "epischen Theater". Die dramatische Handlung ist typischerweise als "gegenwärtig" und "wirklich vor Augen" des Publikums betrachtet. Der Zuschauer bekommt oft eine Illusion, als ob er ein wirkliches Ereignis erlebte. Brecht will aber die dramatische Handlung bewußt "historisieren" oder sie dem Publikum als eine Vergangenheit zeigen. Später nennt er die Technik dafür "Verfremdungseffekt" oder "V-Effekt". Das scheinbar Bekannte wird so dargestellt, daß der Zuschauer nicht auf einmal als bekannt erkennt. Anstattdessen wird der Zuschauer sich wundern, warum er dasselbe früher nicht so betrachtet hat. In diesem Buch wird jede der 15 Szenen mit einer Zusammenfassung und einem Vers eingeleitet.