Die Reichskanzlerschaft Bismarck (Teil 2) NJ

3.) Die Außenpolitik unter Bismarck

a.) Bismarcks Zielsetzung in der Außenpolitik
Deutschland war auf Kosten Frankreichs zu einer europäischen Großmacht geworden. Nun war es das Hauptziel der Außenpolitik Bismarcks Frankreich zu isolieren, jede gegen
Deutschland gerichtete Koalition zu verhindern und dadurch Deutschlands Hegemonie in
Europa herzustellen und zu sichern.

b.) Die Militärabkommen mit Österreich, Ungarn und Russland
Schon nach der Niederlage Napoleons III. (Sedan) nahm, Bismarck Verhandlungen mit
Russland und Österreich-Ungarn auf, um eine Annährung der beiden Mächte an Frankreich
zu verhindern. Es wurde ein Dreikeiserbündnis zwischen Deutschland, Österreich-Ungar und Russland geschlossen (1873). In den Jahren 1874 – 75 war Bismarck bereit erneut gegen Frankreich Krieg zu führen um es diesmal noch gründlicher als 1871 niederzuwerfen. Aber die Regierungen Russlands und Englands gaben unmissverständlich zu verstehen, dass sie eine Niederschlagung Frankreichs und die deutsche Hegemonie in Europa nicht zulassen würden.

c.) Der Berliner Kongress
Im Jahr 1875 erhobt sich die südslawische Bevölkerung in den türkischen Provinzen Bosnien
und Herzegowina gegen die Fremdherrschaft. 1876 begann auch in Bulgarien ein Volksaufstand gegen die Türken. Die russische Regierung unterstützte den Freiheitskampf der Balkanvölker, weil sie darin ein Mittel sah, um die Meerengen (morské úžiny) von Konstantinopol unter ihre Kontrolle zu bringen.
1877 erklärte der Zar den Türken den Krieg und schickte dem bulgarischen Volk ein Heer zur Hilfe. England, das noch 1875 gemeinsam mit Russland Bismarcks Kriegspläne gegen Frankreich verhindert hatte, wandte sich nun gegen Russland.
Österreich-Ungarn, das die Nachfolger der türkischen Fremdherrschaft über die Balkanvölker einzutreten gedachte (zamýšlal), unterstützte deshalb die englische gegen Russland gerichtete Politik auf den Balkan. Es okkupierte im Jahr 1878 Bosnien und die Herzegowina. Bismarcks Bündnissystem drohte durch den Russisch-türkischen Krieg (1877 - 78) auseinender zu fallen. Um das verhindern, lud Bismarck die Großmächte zu einer internationalen Zusammenkunft (stretnutie, schôdza) ein. Ihre Vertreter trafen sich auf dem Berliner Kongress von 13. Juni bis 13. Juli 1878 zur Regelung (urovnanie) der Orient- und Balkanfrage.
Bismarck sah eine Möglichkeit, die russisch-englandsche Spannungen zu vertiefen, um dadurch jedes künftige (budúci) gemeinsame Auftreten bei den Großmächten gegen die deutsche Politik zu erschweren.
England bekam den strategisch wichtigen Stutzpunkt Zypern im östlichen Mittelmeer zu versichert, während Russlands Einfluss auf dem Balkan wieder zurückgerankt wurde. Der Berliner Kongress bewirkte, dass die deutsch-russischen Beziehungen noch mehr erkalteten. Denn Bismarck hatte wohl Russland zum Krieg gegen die Türkei ermuntert (podnietiť, povzbudiť), hatte es aber nun um die Früchte seines Sieges gebracht.

d.) Der Dreibund
Im Oktober 1879 schlossen Deutschland und Österreich-Ungarn auf Betreiben Bismarcks einen Bündnisvertrag, den sog. Zweibund. Im Mai 1882 konnte dieses Bündnis durch ein weiteres mit Italien ergänzt werden. Deutschland und Österreich-Ungarn verpflichteten sich, die italienischen Interessen gegenüber Frankreich militärisch zu unterstützen. Durch dieses Bündnis, das den Namen Dreibund erhielt, stellte sich Deutschland an die Spitze einer Militärkoalition gegen Russland und Frankreich.

e.) Der Ruckversicherungsvertrag mit Russland
Die Erweiterung des unter deutscher Führung stehenden Militärblocks forderte die Annährung zwischen Frankreich und Russland. Um der Gefahr eines franzosisch-russischen Bündnis zu begegnen, versuchte sich Bismarck hinter dem Rücken seines österreichisch-ungarischen Verbündeten mir Russland zu verständigen.
1887 lief das Dreikaiserbündnis ab. Nach langen Verhandlungen verlegte Bismarck am 18. Juni 1887 den Abschluss eines Vertrages für 3 Jahre – den Rückversicherungsvertrag. Dieser Vertrag enthielt ein Neutralitätsversprechen Russlands für den Fall eines französischen Angriffs auf Deutschland und ein deutsches Neutralitätsversprechen Russlands für den Fall eines österreichisch-ungarischen Angriffs auf Russland. Wirtschaftliche Gegensätze trübten auch weiterhin das Verhältnis zwischen Russland und dem deutschen Reich.

f.) Bismarcks Sturz
Wilhelm I. starb am 9. März 1888. Die Herrschaft (vláda) seines Nachfolgers Friedrich III. dauerte nur 99 Tage. Am 15. Juni 1888 bestieg mit Wilhelm II. ein ehrgeiziger und arroganter Monarch den Thron, der selbst sein eigener Kanzler sein wollte. Am 20. 3. 1890 wurde der Rücktritt Bismarcks genehmigt. Die Hauptursache für Bismarcks Sturz war das Misslingen seiner Innenpolitik. Der Fall des Sozialistengesetzes zeigte, dass seine Rücksichtslose Unterdrückungspolitik gegen die Arbeiterbewegung gescheitert war. Bismarcks Entlassung erfolgte aber auch nicht zufällig zu dem Zeitpunkt als sich in Deutschland die Herrschaft des Monopolkapitalismus anbahnte. Bismarcks Außenpolitik war darauf gerichtet, den Zweifrontenkrieg zu verhindern und sich der Kolonialpolitik nicht mit England zu verfeinden. Diese Politik musste scheitern, als Deutschland zur aggressiven Expansionspolitik überging.