Deutsche Literatur 69

Frauen von Flusslandschaft – ein Roman in Dialogen und Selbstgesprächen geschrieben, nur kurz vor seinem Tode veröffentlicht (1985). 12 Kapitel, ein pessimistisch- resignatives Porträt der damaligen BRD und ihren Hauptstadt- Bonn.
Geschildert werden 2 Tage im Leben der Stadt Bonn, unterbrochen durch Erinnerungen v. a. an die Kriegs- und Nachkriegszeit. In diesen Tagen und Nächten wird ein Minister gestürzt und ein neuer gemacht und dabei finden die Dialoge und Selbstgespräche statt. Vor allem aus der Perspektive der Lebensgefährtinnen, Freundinnen, der Männer wird ein Bild vom Leben der politischen Prominenz der Hauptstadt entworfen. Dieses Bild ist voll von Verachtung, Skepsis, Melancholie, und ist sehr satirisch. (es ist die Rede nicht von Politikern dieser Zeit, es geht um Typen). Die Frauen, die hier vorkommen, konnten sich noch den Sinn für Humanität bewahren, im Unterschied zu den Männern und zu der Kirche, und wollten die Intrigenspiele der Männer nicht unkritisch mitspielen. Die Politik wird als schmutziges Geschäft dargestellt, christlich marktwirtschaftlich und seelenlos.


Wolfgang Koeppen (1906 – 1996) – nonkonformistischer Autor. Schrieb 3 Nachkriegsromane:
Tauben im Gras (1951)
Das Treibhaus (1953)
Der Tod in Rom (1954)
Seine Werke sind voll von Pessimismus und Melancholie (es ist keine heitere Lektüre). Er verfolgt den Weg der westdeutschen Gesellschaft vom Zustand, relativer Offenheit gegen das Ende der 40-er Jahre zur Restauration der bürgerlich-kapitalistischen Ordnung in Deutschland zur Remilitarisierung Deutschlands und schließlich zur drohenden Restauration (Wiedergeburt) nationalsozialistischen Denkens.
Tauben im Gras – ein Bild Deutschlands nach dem Kriege. Es geht um Amerikaner in Deutschland. Er schildert die Kontakte zwischen Amerikanern und deutschen Frauen. Es ist ein Tagesgeschehen in München 1948. Er benutzt Montagetechnik, inneren Monolog, es ist in der Form einer antiken Tragödie geschildert. Die Szenen wechseln oft.
Das Treibhaus – die Hauptgestalt ist ein Abgeordneter des Bundestags in Bonn, vor dem NS war er Sozialdemokrat, er war im Exil. Nach dem Kriege kommt er nach Deutschland zurück, er findet in Ruinen ein Mädchen- Elke. Sie ist allein, ihr Vater war NS-er Funktionär. Er heiratet sie und dann wird er gewählt.

Der Inhalt hat 2 Linien:
1. tragische – es geht um die Beziehung
Es geht um Elke, weil sie mit ihm in Bonn ist und sich langweilt. Zwischen den Beiden ist keine gute Beziehung, sie haben sich nicht verstanden.
2. seine Tätigkeit als Politiker. Er ist enttäuscht von der Nachkriegsentwicklung. Seine Partei gerät in Opposition. Er hat Streit mit dem Führer der Partei, weil dieser Führer sich nur für die Macht und nicht für die Arbeit der Menschen interessiert. Sie wollen ihn nach Guatemala schicken, er will nicht und begeht Selbstmord.
Koeppen verwendet in diesem Roman assoziative Technik des Erzählens: Es werden Assoziationen ausgedrückt – keine Gedanken der alltäglichen Logik, eher Zitate der Gedanken der Menschen. Es evoziert einen lyrischen expressiven Eindruck und Unmittelbarkeit.

Tod in Rom erinnert an Tod in Venedig von T. Mann. Koeppen schildert die Geschichte einer deutschen Familie, in der jeder ganz individuell ist. Sie sind grundverschieden. Einer der Söhne ist Münch, der andere ist ein Homosexueller und Dirigent. Er dirigiert ein Konzert, die Eltern fahren dorthin. In Rom ist auch ein Jude Jahn – ein Verwandter der Familie und ehemaliger Nazist, der dort Selbstmord begeht. Der letzte Satz ist derselbe wie in Tod in Venedig. Koeppen benutzt hier keine assoziative Technik. Es geht hier um die Abrechnung mit dem Nazismus und seinen Folgen für die Gegenwart.