Deutsche Literatur 51

ANALYSE DES WERKES
Heinrich Mann kritisiert in seinem Roman nicht nur das Gymnasium , als staatliche Institution , sondern seine Kritik richtet sich vielmehr , am Beispiel der Schule und der Stadt Lübeck aufgezeigt , gegen die gesamte Gesellschaftsstruktur im Kaiserreich , genauer gesagt gegen die führende Schicht der Patrizier , des Adels und des Grossbürgertums. Zu Beginn des Romans ist die bürgerliche Welt noch in Ordnung . Die sozialen Schichten sind voneinander getrennt , geistig als auch örtlich (Hafenviertel). Es gelten die wilhelminischen , teilweise auch noch viktorianischen Ordnungsvorstellungen . Die Vorherrschaft des Grossbürgertums und die Sonderstellung des Adels und die daraus resultierende Klassenjustiz zeigt Heinrich Mann besonders deutlich bei der Gerichtsverhandlung auf . Die drei Schüler Lohmann, von Ertzum, Kieselack werden entsprechen ihres Standes behandelt. Die Justiz versucht den Patriziersohn Lohmann sowie von Erztum , welcher von adeliger Abstammung ist, zu retten , wohingegen dem Kleinbürgersohn Kieselack gegenüber keinerlei Verständnis gezeigt wird . Der Staatsanwalt versucht soviel wie möglich von der Schuld von Lohman und Erztum fernzuhalten . Diese Trennung zeigt sich ebenfalls in der unterschiedlichen Freizeitgestaltung der Schichten. Die unteren Schichten wie Seeleute, Arbeiter, Angestellte und einfache Bürger treffen sich zum Beispiel im Hafenviertel in Lokalen wie dem "Blauen Engel". Dort trifft sich ebenfalls die Jugend des Ortes, da dieses Etablissement einen Gegenpol zu dem sonst gewohnten Drill der Schule bildet. Die oberen schichten ,wie Adel und Grossbürger finden sich in speziellen Lokalen in der Altstadt oder zu Veranstaltungen wie den Empfängen und Ballveranstaltungen der Konsulgattin Dora Breetpoot zusammen. Diese ist ein gutes Beispiel des Lebensstils der wilhelminischen bürgerlichen Führungsschicht, welches zum Beispiel durch den Kontakt zum Hochadel die eigene Position zu steigern versucht. Unrat verkehrt nicht in diesen Kreisen, sieht sich dennoch als Verfechter ihrer Werte. Er stellt sich über das gemeine Volk und macht Jagd auf den Pöbel, der ihn bei "seinem Namen " (Unrat) nennt. Für ihn ist die Schule das Leben, und wer nicht Arbeitsam ist oder zweifelhafte Vergnügungen nachgeht darf sich gewiss sein, dass Unrat ihm seine Lebenschancen verbauen wird. Er fühlt sich als Herrscher über die Schule und über die Stadt, insofern dass die meisten ehemaligen Schüler von ihm sind. Seine Lebensgeschichte bleibt dem Leser weitgehend unbekannt. Man weiß nur, dass der Gymnasiallehrer eine zweckmäßige Ehe führt und sich von seinem einzigen Sohn abwendet (er erfüllt nicht seine gesetzten Erwartungen). Er hat keine Freunde. Professor Rat (wie er ja eigentlich heißt) lebt schon lange in einer norddeutschen Stadt mit ca. 50 000 Einwohnern, ausschließlich seinen schulischen Verpflichtungen und seinen philologischen Studien hingegeben. Sein äußerliches Erscheinungsbild stellt eher ein Furcht erregendes Ungeheuer (Unrat) als eine menschliche Gestalt dar; er wird folgendermaßen beschrieben: Er hat „magere, eingeknickte Beine“ , eine „rechte, zu hohe Schulter“, „graue, eckige Hände“ und ein „hölzernes Kinn“ mit einem „dünnen graugelben Bärtchen dran“. Seine Lippen werden als „hölzerne Mundfalten“ beschrieben; insgesamt gesehen„ein gemeingefährliches Vieh das man leider nicht totschlagen durfte…“ …so Lohmann, einer seiner Schüler und gleichzeitig sein Erzfeind Nr 1. Er ist seinen Mitschülern und auch Unrat geistig überlegen, weil er die geistige Unabhängigkeit und Souveränität besitzt, die vor allem Unrat nicht hat . Der 17-jährige Konsulsohn ist also die positive Kontrastfigur zum Negativhelden Unrat. Außerdem ist der modekundige und modebewusste Lohmann im Stil des fin-de-siècle gekleidet und vertritt den zeittypischen Charakter des „décadents“ Zusammenfassend kann man sagen, dass sein äußeres Bild auch auf das innere zu übertragen ist. Er ist ein verkrampfter „hölzerner Hanswurst“ (Lohmann) der nicht in der Lage ist sich „frei“ zu bewegen, so steht er sich gleichsam ständig selbst im Wege.
Als Professor Rat die Künstlerin Fröhlich kennenlernt, ändert dies sein gesamtes Leben. Auch zu Rosas Vorgeschichte weiß man wenig: Sie ist die Tochter eines Krankenpflegers und mit 16 war sie bereits ledige Mutter und lebte in verdreckter Prostitution. Jetzt ist sie eine zwielichtige Sängerin die mit ein paar Artisten von Lokal zu Lokal zieht. Ganz anders dazu ist allerdings der Eindruck den sie beim Leser weckt: Sie ist wie ihr Name schon sagt ein fröhlicher Mensch, ohne große Zukunftssorgen oder moralische Skrupel, die die Freizügigkeiten ihres Berufes durchaus zu genießen weiß. Sie erscheint auch äußerst sympathisch. Sie steht in ihrer Buntheit und Lebensfreude total im Gegensatz zu Unrats Grauheit.