Deutsche Literatur 50

DIE ROLLE DER INSTITUTION GYMNASIUM
Die Gymnasien am Ende des Jahrhunderts waren fast ausnahmsloshumanistisch, mit starker Betonung der Fächer Latein und Griechisch. Auch hier bestimmt die Schichtzugehörigkeit die Lebens- und Bildungschancen . Aus finanziellen Gründen war der Besuch des Gymnasiums der Ober- und Mittelschicht vorbehalten. Für die Mittelschicht war der gymnasiale Abschluss existentiell , wohingegen der Adel und die Patrizier auch ohne Abschluss problemlos existieren konnten. Das Gymnasium ,welches rein staatlich finanziert wird , hat einen hohen Stellenwert bei der Sozialisation der Jugendlichen. Der Erziehungsstil gleicht der autoritären Ordnung im Staat. Der Schüler hat keinen eigenen Willen zu besitzen und soll in die Strukturen der Gesellschaft angepasst werden. Die politische Loyalität dem Kaiser gegenüber wird aufgebaut und antidemokratisches Gedankengut wird gelehrt. Für die Zugehörigkeit zu der politisch-gesellschaftlichen Führungsschicht ist der gymnasiale Abschluss ausschlaggebend. Als Staatsdiener ist das Einkommen von Gymnasiallehrern ,wie Unrat zwar nicht besonders hoch , sie genießen aber aufgrund der Tatsache , dass sie Teil der Autorität des Staates sind und ihrem Universitätsstudium ein hohes Prestige. Im Zusammenhang mit der Tradition des Bildungsbürgertums rechnet man einer akademischen Ausbildung einen hohen Stellenwert an . Der Gymnasiallehrer zählt also zu den Honoratioren des Ortes. Im laufe der Zeit nimmt die Kritik an der Wirklichkeitsferne der Unterrichtsinhalte zu , denn der nationale Gedanke wird durch das Lehren von Mythen und Altphilologen nicht ausreichend gefördert. Ab 1892 werden nun die Fächer Deutsch und Geschichte stark mit in den Unterricht einbezogen. Klassische deutsche Dichtungen sollen diese Werte vermitteln . Schiller wird als deutscher Dichter hoch angesehen , seine Gedichte und Dramen werden zu vorrangigem Unterrichtsstoff. Dieser Kampf der Schule gegen den Materialismus und die Verpflichtung zum Idealismus steht im Gegensatz zu dem realitätsbezogenem wirtschaftlichen Denken , welches von den Schülern in ihrem späteren Beruf erwartet wird. All dies führt zur Erstarrung der Gymnasien.