Der Tod der Liebenden-Interpretation
Der Tod der Liebenden
Das Gedicht stellt den Tod der Liebenden dar. Der Titel des Gedichts bringt zum Ausdruck eine Etappe, die das Leben des Menschen beendet und somit trennt sie auch die Liebenden voneinander. Jeder Dichter schafft sich seine eigene lyrische Welt, seine Bild- und Sprachwelt. Daher ist die Auswahl der Worte eigenartig. Für die Lyrik Georg Heyms heißen solche Worte: Stadt, Liebe, Wahnsinn, Krieg, Strom, Meer, Tod. Der Begriff des Todes ist der bedeutende, alles andere führt zu ihm hin und ist dessen Teil (vgl. Reich-Ranicki 1994. S. 309)
Durch hohe Tore wird das Meer gezogen
Und goldne Wolkensäulen, wo noch säumt
Der späte Tag am hellen Himmelsbogen
Und fern hinab des Meeres Weite träumt.
(Heym 1967, S. 40)
Die erste Strophe stellt eine Welt dar, wo keine Spüren nach dem Tod sind, insofern eine Phantasievorstellung. Die „goldne Wolkensäulen“ sind dessen Beweis, ausgehend aus ihrer Bedeutung, die oft in Heymschen Gedichten vorkommt als ein Bild für die Phantasie. (vgl. Reich-Ranicki 1994. S. 323) Doch es gibt hier noch einen Beweis, dass es sich hier um eine erträumte Welt handelt, und zwar das Wort in der letzten Zeile jener Strophe, das Wort „träumt“.
Jedoch lässt sich den Traum nicht weiter nachvollziehen, da er im darauf folgendem Vers zerstört wird durch die „Traurigkeit“. Der Vers „Vergiß der Traurigkeit, die sich verlor“ und eingentlich 2, 3, 4 und 5 Strophe könnte man als einen Appell des lyrischen Ichs interpretieren, das den Leser wieder wie im vorherigen Gedicht, in die Atmosphäre miteinbezieht. Das lyrische ich versucht den Leser zu überzeugen, dass die Wirklichkeit nicht so schwermutig ist, wie der Wind ins Ohr singt, da das Singen ist mit der Fröhlichkeit, Friedlichkeit und Freude verbunden. Der Beginn der dritten Strophe klingt aufrufend „Laß ab vom Weinen!“ und etwas hymnisch in den folgenden Versen. Ein Land, wo es besser sein sollte ist das „Schattenland der Toten“. Im diesem Lande, „in den verborgenen Städten der Dämonen“ glaubt das lyrische Ich mit den anderen „Wir“ ein besseres Leben führen zu können. Daher zeigt sich wieder eine Parallele mit den Expressionisten, die sehr unter dem Chaos des modernen Lebens litten sowie „ sie haßten die Welt der Väter, deren Solidität ihnen Langeweile bedeutete, ungerecht und lebensfeindlich war.“ (Reich-Ranicki 1994. S. 323) Nur in dieser neuen Welt „der Dämonen“ werden die Menschen befreit, fern vom Lärm der Maschinen, weg von „Hallen Räumen“, von jener Welt, die nach Absatzmärkten drängt und ausschließlich darauf gerichtet ist. Und wo sich dieses neue Land befindet? Es befindet sich „in den Tiefen drunten“ umgebend von „Fischen“ und „Korallenbäumen“. Dadurch wird das Bild des Meeres lebendig, das neue Land heißt das Meer. In der fünften Strophe drückt das lyrische Ich zusammen mit „wir“ die Hoffnung, auf die gemeinsame Zukunft und die Zufriedenheit jeden Einzelnen im Jenseits. Poetisch ausgedrückt „Die gleiche Woge wird uns dunkel treiben, Und gleiche Träume trinkt der Kuß vom Munde.“ Mit sechster Strophe wird das endgültige Vertrauen der Welt Jenseits ausgesprochen „Der Tod ist sanft. Und die uns niemand gab, Er gibt uns Heimat.“ Die Wörter „sanft“ sowie „Heimat“ rufen das positive Gefühle hervor, aber in der Verbindung mit Tod, stehen sie im Kontrast, jedoch nicht im Kontrast der frühen expressionistischen Zeit. Starke, aufrufende, zerrissene Gefühle lassen sich auch dem Tagebuch Georg Heyms entnehmen: „Alle diese (...) Leute des Innern können sich in diese Zeit eingewöhnen, (...) ich aber, der Mann der Dinge, ich ein zerrissenes Meer, ich immer Sturm, ich der Spiegel des Außen, ebenso wild und chaotisch wie die Welt (...)“ (Bertl 1984, S 99) „Der leere Kahn“ deutet an den Tod eines Menschen einerseits, andererseits nach der germanischen Vorstellung wohnten die Seelen der Toten im Wasser. Daher endet das Leben nicht mit dem Tod, darauf weist auch das Singen „des Meeres Seele“ hin. Der Kahn wird aber auch als das Spielzeug der „tauben Winden“ beschreiben, obwohl er im Meer einsam gelassen wird ähnlich wie ein Mensch im „Verlogenheit und Sinnlosigkeit“ jener Zeit aus der Sicht Heyms. Das lyrische ich radikalisiert ihre Gefühle, indem sie aus dem Meer einen Ozean macht, der „Türmt fern sich auf zu schwarzer Nacht, der Blinden“. Die letzten Strophen aufhellen die vorige Strophe und stellen eine Atmosphäre am Meer, wo trotz der Einsamkeit immer noch das Leben zu finden ist – das Bild des Vogels „Kormoran“. Ausgehend von der Farbenlehre könnte man die schwarzgrüne Farbe seiner Schwingen als Gegensätze für Leben. und Tod interpretieren.