Christoph Ransmayr (Biographie) NJ
Christoph Ransmayr
(1954 in Wels, Oberösterreich)
Ransmayr wuchs in der Nähe von Gmunden am Traunsee als Sohn eines Lehrers auf. Er studierte Philosophie
und Ethnologie in Wien und arbeitete danach als Kulturredakteur und freier Autor für verschiedene Zeitschriften
(„Extrablatt“, „Geo“, „TransAtlantik“, „Merian“). Ab 1982 lebte er dort als freier Schriftsteller. Nach
dem erscheinen des Romans „Die letzte Welt“ (1988) unternahm er ausgedehnte Reisen nach Asien, Nord- und
Südamerika sowie Irland. 1994 verlegte er seinen Lebensmittelpunkt aus steuerlichen Gründen nach West Cork
in Irland. Er verbindet in seiner Prosa historische Tatsachen mit Fiktionen.
Roman „Die letzte Welt“ (1988) - Cotta, ein Bewunderer des Ovid, reist nach Tomi (heute Constanţa)
ans Schwarze Meer, um Gerüchte zu untersuchen, dass Ovid dort im Exil verstorben sei. Er stößt auf eine Stadt,
die mit den Figuren aus den Metamorphosen bevölkert ist, und findet zwar Spuren des Dichters, nicht jedoch
ihn selbst. Cotta verbringt einige Zeit in der eisernen Stadt Tomi und erlebt, wie ein zweijähriger Winter endet
6
und durch den Frühling langsam die Natur Tomi zurückgewinnt. Cotta beginnt eine Beziehung zu der entstellten
Echo, die ihm von den Geschichten Ovids, der angeblich Geschichten in erlöschenden Feuern lesen konnte,
erzählt. Diese Geschichten enden - bis auf eine - mit der Verwandlung der Protagonisten in Steine, weshalb
Cotta beschließt, Nasos Erzählungen zu sammeln und im Buch der Steine wiederzugeben, nachdem Ovids
Werk von ihm selbst vor Antritt seiner Reise verbrannt worden war. Im Laufe der Erzählung verändert sich
Cottas Leben auf bizarre Weise. Ihm droht der Verlust des Selbst.
Auffällig ist die Vermischung der Zeitebenen der Antike (genaue Zeitspanne: 8n.Chr. bis 17n.Chr.) und
der Gegenwart. Beispielsweise führt der zwergwüchsige Cyparis Filme vor und Ovid schickt seiner Frau Cyane
ein Foto der Stadt Tomi.
Neben der Chronologie bildet der Autor auch die Geographie realitätsfremd ab. Beispielsweise liegt
Tomi/Constanţa an einer flachen Küste, die in starkem Kontrast zur beschriebenen Steilküste mit dahinter liegendem
Gebirge steht. Auch Rom ist in seinen geographischen Eigenschaften ein Kontrast zur historischen
Hauptstadt des römischen Reiches.
Roman „Morbus Kitahara“ (1995), der erforscht, was aus Deutschland und Österreich nach dem Zweiten
Weltkrieg geworden wäre, wenn es den Marshallplan nicht gegeben hätte. Die Stadt Moor befindet sich in
vorindustrialisiertem Zustand; dort leben die drei Hauptcharaktere des Romans. Ransmayr beschreibt wortgewaltig
deren Schicksale und Interaktionen, bis der Roman dort endet, wo er beginnt: „Zwei Tote lagen schwarz
im Januar Brasiliens.“
1997 hielt Ransmayr die Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele. Er verlas die für diesen Anlass verfasste
Kurzgeschichte „Die dritte Luft oder Eine Bühne am Meer“.
Weitere Werke: Strahlender Untergang (1982); Die Schrecken des Eises und der Finsternis (1984); Der
Weg nach Surabaya (1997); Die dritte Luft, oder Eine Bühne am Meer (1997); Die Unsichtbare. Tirade an drei
Stränden (2001); Der Ungeborene, oder Die Himmelsareale des Anselm Kiefer (2002); Die Verbeugung des
Riesen. Vom Erzählen (2003); Geständnisse eines Touristen. Ein Verhör (2004)