Bücherverbrennung 2

Ein Kesseltreiben gegen Minderheiten, die nicht dem „arischen“ Ideal entsprachen, eine Uniformierung und Gleichschaltung mit dem Anspruch, alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens mit nationalsozialistischer Ideologie zu durchdringen, sowie das Bemühen, Deutschland möglichst schnell für den beabsichtigten Eroberungskrieg aufzurüsten, waren die wesentlichsten Merkmale der NS-Herrschaft. Das abgestimmte Zusammenspiel von Terror und Propaganda, aber auch die Erfolge in der Außenpolitik, die der Weimarer Republik in diesem Ausmaß von den Ententestaaten nicht konzertiert wurden, trugen ebenso wie die sich erholende Weltwirtschaft dazu bei, dass die Bevölkerung das NS-Regime im Großen und Ganzen akzeptierte. Der Verlust persönlicher Freiheitsrechte wurde durch den Zugewinn nationaler Souveränität kompensiert.
Allerdings fanden einzelne Maßnahmen, wie etwa der im Rahmen des staatlichen Antisemitismus verhängte Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933, die Nürnberger Gesetze 1935 oder die Reichspogromnacht am 9. November 1938 in der Bevölkerung nicht nur die von der NS-Führung gewünschte und erwartete Zustimmung. Die zum Teil unverhohlene Ablehnung trug dazu bei, dass die Ermordung von Millionen von Juden ab 1942 nicht vor den Augen der Bevölkerung, sondern im eroberten Osten stattfand. Aber es gab auch von Anfang an fundamentalen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Dieser Widerstand wurde von weltanschaulich ausgesprochen unterschiedlichen Gruppen getragen und reichte von passiver Resistenz bis zum Attentat. Viele Gegner des Nationalsozialismus sahen sich angesichts persönlicher Verfolgung bald zur Emigration gezwungen, andere zogen die „innere Emigration“ vor. Doch sowohl die Anhänger und Mitläufer des NS-Regimes als auch deren Opfer und Gegner verkannten in aller Regel die dem Nationalsozialismus innewohnende Dynamik und Skrupellosigkeit, vor allem aber dessen sozialrevolutionäre Stoßkraft. Selbst die „nationalen Kreise“, die Hitler und die NSDAP an die Regierung gebracht hatten, sahen sich zum Teil nur wenig später in der Rolle von Opfern.
Dabei gab es in der am 30. Januar 1933 gebildeten „Regierung der nationalen Erhebung“ zunächst nur zwei weitere Nationalsozialisten: den Innenminister Wilhelm Frick und den anfangs ohne eigenen Geschäftsbereich amtierenden Hermann Göring, der jedoch zugleich das überaus wichtige preußische Innenministerium kommissarisch leitete. Die restlichen, deutschnational-konservativen Minister sollten nach der Vorstellung des Reichspräsidenten die Regierungspolitik maßgeblich beeinflussen, um eine „einseitige Parteidiktatur“ der NSDAP zu verhindern. Doch schon kurz vor der offiziellen Amtsübergabe spielte der Populist Hitler seinen Koalitionspartner Alfred Hugenberg erstmals aus. Entgegen früheren Abmachungen bestand Hitler auf Neuwahlen: Der Reichstag wurde aufgelöst, und da von kommunistischer Seite zum Generalstreik aufgerufen worden war, unterzeichnete Reichspräsident Paul von Hindenburg eine Notverordnung „zum Schutz des deutschen Volkes“, mit der politische Gegner nun radikal, aber legal unterdrückt werden konnten. Zugleich wurden der Beamtenapparat, die Verwaltung und die Polizei großflächig „gesäubert“. Aus den „nationalen Verbänden“, Sturmabteilung (SA), Schutzstaffel (SS) und Stahlhelm, rekrutierte Göring in Preußen 50.000 Freiwillige als „Hilfspolizisten“ und rief im „Schießbefehl“ vom 17. Februar 1933 zum „fleißigen Gebrauch der Schusswaffe“ auf. Als dann am 27. Februar 1933 der Reichstag brannte, ordnete Göring umgehend die Verhaftung aller führenden Funktionäre der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Bereits am nächsten Tag erwirkte die Regierung eine Notverordnung „zum Schutz von Volk und Staat“, mit der noch bestehende Grund- und Verfassungsrechte außer Kraft gesetzt wurden. Schon kurz nach dem Reichstagsbrand waren rund 10.000 Personen verhaftet und zum Teil in „wilden“ Konzentrationslagern interniert, vor allem Kommunisten, aber auch „Juden und andere Regimegegner“. Trotz des staatlichen Terrors kam die NSDAP bei der Reichstagswahl am 5. März nur auf 43,9 Prozent aller Stimmen, zusammen mit dem Koalitionspartner Deutschnationale Volkspartei (DNVP) auf knapp 52 Prozent.
Der nächste Schritt in Richtung einer Führer-Diktatur war das am 23. März verabschiedete „Ermächtigungsgesetz“, das Reichstag und Reichsrat von der Gesetzgebung ausschloss. Gegen das „Ermächtigungsgesetz“ stimmte nur die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), die sich auch durch den von Joseph Goebbels zwei Tage zuvor als „Rührkomödie“ inszenierten „Tag von Potsdam“ nicht blenden ließ. Noch im März begannen die Zerschlagung des sozialdemokratischen Reichsbanners und die Gleichschaltung der Länder. Die Gewerkschaften, deren jahrzehntelange Forderung, den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag zu erklären, Hitler demonstrativ umgesetzt hatte, wurden aufgelöst und wenig später der Deutschen Arbeitsfront (DAF) eingegliedert. Anfang Juli 1933 waren alle Parteien mit Ausnahme der NSDAP aufgelöst und der Einparteienstaat errichtet. Rund fünf Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler war die „Machtergreifung“ im Wesentlichen vollzogen.