ATTRIBUT NJ

I. DER THEORETISCHE TEIL


ATTRIBUT - syntaktische und semantische Beschreibung

Das Attribut unterscheidet sich in zweifacher Hinsicht von den Satzgliedern. Der erste Unterschied ist ein vom konkreten Satz ablesbarer, stellungsmässiger Unterschied: Während die Satzglieder im Satz allein verschiebbar sind, kann das Attribut in der Regel nur gemeinsam mit einem Satzglied verschoben werden. Das Attribut ist kein selbständiges Stellungslied, sondern immer nur Gliedteil.

Er beantwortet den Brief des Freundes heute.
- Des Freundes beantwortet er den Brief heute.
- Den Brief des Freundes beantwortet er heute. (Attribut)

Neben dem mehr oberflächlichen Unterschied in der Stellung gibt es noch einen tieferen Unterschied zwischen Attribut und Satzgliedern, der nicht am konkreten Satz, sondern nur bei der Zurückführung der konkreten Sätze auf Grundstrukturen deutlich wird. Das Attribut ist grundsätzlich eine potentielle Prädikation, meist in nominalisierter Form, d.h., es lässt sich auf eine prädikative Grundstruktur zurückführen. Auch manche Satzglieder (z. B. freie Adverbialbestimmungen) sind potentielle Prädikationen, aber im Unterschied zu ihnen liegt dem Attribut nich eine Prädikation zum Verb (und damit zum ganzen Satz), sondern zu einem Wort, das nicht Verb ist (also nicht zum ganzen Satz), zugrunde:

Das kleine Kind schläft fest.
- Das Kind schläft.
- Das Kind ist klein. (Attribut)
- Sein Schlaf ist fest. (Adverbialbestimmung)








1. Stellung des Attributs

Zwei prinzipielle Stellungsmöglichkeiten des Attributs sind zu unterscheiden: Vorderstellung und Nachstellung. Entscheidend dafür, welche dieser beiden Stellungen das Attribut einnimmt, ist die Wortklasse: Vor dem Bezugswort stehen Adjektive und Partizipien (in flektierter Form), nach dem Bezugswort stehen Adverbien (unflektiert), Substantive im Genitiv und im Präpositionalkasus und der Infinitiv mit zu. Von dieser Grundregel gibt es eine Reihe von Ausnahmen:
(1) Obligatorisch dem Bezugswort vorangestellt werden attributive Substantive im Genitiv und im Präpositionalkasus, wenn es sich um notwendige Erweiterungsglieder zu substantivierten Adjektiven handelt:
der des Lesens Kundige
die auf den Film Neugierigen

(2) Fakultativ dem Bezugswort vorangestellt werden im Genitiv gebrauchte Eigennamen mit Nullartikel und einige Verwandtschaftsnamen. Das Attribut ersetzt dabei den bestimmten Artikel des Bezugswortes:
Wir besuchen Goethes Gartenhaus. (neben: Wir besuchen das
Gartenhaus Goethes/von Goethe.)

(3) Kardinalia stehen nach dem Bezugswort, wenn sie die Bedeutung von Ordinalia haben:
Lektion acht (= die achte Lektion)

(4) Um Reste älteren Sprachgebrauchs bzw. Verbindungen nach älterem Muster handelt es sich, wenn Adjektive in unflektierter Nachstellung erscheinen:
Röslein rot, Karpfen blau


(5) Vor allem bei dem einem Subjekt mit bestimmtem Artikel kann ein Lokaladverb auch in Vorderstellung erscheinen.
Nebenan das Haus gehört einem Ingenieur.