Analyse der Handlung - Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen
Analyse der Handlung
Der Roman handelt vom Gymnasiumsprofessor Raat, der von allen nur Unrat genannt wird. Diesen Namen, Professor Unrat, trägt er schon seit vielen Jahren. Leider konnte er es nicht vielen Schülern beweisen, dass sie ihn bei dem Namen genannt haben. Meist sprechen sie ihn nur hinter Rücken aus. Wenn er aber in der Nähe ist, getrauen sich einige zu sagen: „Riecht es hier nicht nach Unrat?“ oder „Oho! Ich wittere Unrat!“ (H. Mann.: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 9). Jeder Schüler den er fassen kann, kommt ins Kabuff oder darf direkt beim Rektor vorsprechen. Professor Unrat unterrichtet seit 25 Jahren an diesem Gymnasium, wo er mit Freude das Leben seiner Schüler erschwert. Er erzieht die Schüler im kleinbürgerlichen Stil. Für ihn sind die Begriffe wie Autorität, Pflicht, Macht, Dienst und Karriere sehr wichtig. Die Schule bedeutet für ihn einen kleinen Staat im Staate. In der Zeit des Kaisers Wilhelm I. war die Förderung der antihumanistischen Ideale begünstigt. Die Lehrer waren derzeit auf der Sozialdemokratie aufgebaut. Auch der Professor Unrat ist einer der Repräsentanten des herrschenden Lehrertypen.
Dieses Gymnasium besuchten drei Schüler, die keine Angst haben, den Professor bei dem Namen noch im Schulzimmer zu nennen. Es sind Lohmann, Kieselack und von Erztum, die Unrat als seine grössten Feinde sieht. Er folgt ihnen, wenn sie in das Lokal Der blaue Engel zu der Künstlerin Rosa Fröhlich gehen. Er will sich rächen und darum sitzt er abendlich bei ihr, um die Schüler von ihr fernzuhalten.
Unrat fühlt sich der eigenen sozialen Stellung nahe. Er förderte inhumane und tyrannische Handlung: „Er ging unansehnlich, sogar verlacht unter diesem Volk umher – aber er gehörte, seinem Bewusstsein nach, zu den Herrschenden. Kein Bankier und kein Monarch war an der macht stärker beteiligt, an der Erhaltung des bestehenden mehr interessiert als Unrat. ...Dabei war er durchaus ungläubig und vor sich selbst des weitesten Freisims fähig. Aber als Tyrann wusste er, wie man sich Sklaven erhält.“ (H. Mann.: Professor Unrat oder das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 45).
Unrat hatte es niemals einfach in seinem Leben gehabt. Schon durch die Heirat mit seiner ersten Frau wurde er Menschenfeind. Er hat sich nur aus Dankbarkeit verheiratet.
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Seiner Frau dankt er auch für seinen Beruf: „...die ihn einst als Jüngling mit den Mitteln zu ferneren Studium versehn hatte, die er dafür vertragsmässig, sobald er im Amt war, geheiratet hatte...“ (H. Mann.: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 25).
Der gemeinsame Sohn von ihnen entwickelt sich aber nicht so, wie es gewünscht war.
Unrat verliebt sich schliesslich in die Künstlerin Rosa. Er selbst verhält sich dann als ein Schüler. Nämlich als Schüler der Künstlerin, weil er von ihr nicht nur die Garderobensachen, sondern auch Liebe erlernt.
Die Künstlerin Rosa ist aber am Anfang nur ein Mittel für seine eigenen Ziele, mit denen er als Menschenhasser wirkt. Diese Ziele gab er später wegen der Liebe zur Rosa auf. Er spürt wie es ist einen Menschen wirklich zu lieben und er geriet in Gefühlswirrungen.
Unratsstärke und Macht in der Gesellschaft und auch sein aufgebautes Rollenbild des Lehrers geriet langsam ins Zweifel.
Der grösste Feind ist für Unrat der Schüler Lohmann, der vor ihm keine Angst fürchte. Später hat Unrat als Lehrer auf Lohmann keine Wirkung mehr. Lohmann deckt seine Äusserung über Unrat auf : „Dieser Unrat fängt an, mich zu beschäftigen, er ist eigentlich eine interessante Ausnahme. Bedenke, unter welchen Umständen er handelt, war er alles gegen sich auf die Beine bringt. Dazu muss man ein Selbstbewusstsein habe, scheint mir – ich für meine Person brächte so eines nicht auf. Es muss in einem ein Stück Anarchist stecken...“ (H. Mann.: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 145).
Unrat stellte sich eigentlich gegen die ganze Stadtgesellschaft er will sich jetzt allen rächen. Despotismus und Tyrannei sind dann die Folgen.
Die Kritik von Heinrich Mann an die Gesellschaft scheint noch in dieser Phase ohne politischen Standpunkt zu sein. H. Mann will dem Leser vor allem die derzeitige soziale und menschliche Verhältnisse zeigen.
Professor Unrat führt dann sein Leben ausserhalb der Norm, die in der Gesellschaft derzeit herrschte. Er will eigentlich seine Umgebung provozieren und macht sein Haus zum Treffpunkt abendlicher Unterhaltung. In dieser Villa vorm Tor wurde viel gespielt, teuer getrunken und man konnte sich hier mit weiblichen Wesen zusammentreffen, die ganz Dirnen und auch keine Damen waren. In diesem Haus versammelt sich bald die allerhöchste Gesellschaft der Stadt.
Unrat war derzeit stark und möchte glücklich sein: „Er wäre glücklicher gewesen, wenn er noch stärker gewesen wäre, wenn er nicht in einer Krise seines Geschicks, das der Menschenhass war, sich der Künstlerin Fröhlich ausgeliefert hätte. Sie war die Kehrseite seiner Leidenschaft, sie musste alles bekommen, in dem Masse, wie die andern alles verloren....Unrats Liebe war dem Schutz der Künstlerin Fröhlich geveith und ging für sie auf Raub aus: es war eine ganz männliche Liebe. Dennoch führte auch diese Liebe zuletzt zur Schwächung.“ (H. Mann.: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 214).
So erkennt Unrat seine Situation, dass er keine Chance mehr hat, sein drohendes Schicksal zu ändern.
Für den Leser scheint er jetzt als ein Alleinstehender und Aussenseiter. Ihm kann der Unrat leit sein, weil er auch als komisches Zerrbild auf ihn wirkt.
Der Roman endet mit Unrats Verhaftung, nach dem er Lohmanns Brieftasche gestohlen hat: „ Unrat, der interessante Anarchist, beging ausgemachte Verbrechen. Nun war der Anarchist eine moralische Seltsamkeit und ein wohlverständliches Extrem, das Verbrechen eine Steigerung allgemein menschlicher Neigungen und Affekte, die nichts Auffallendes hatte.“ (H. Mann.: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 237).
Die Künstlerin Rosa Fröhlich war mitverhaftet. Und die letzten Wörter des Romans: „ins Dunkel.“ (H. Mann.: Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen, 2002, S. 239) zeigen eigentlich wohin der Unrats Weg führt.
Die Bedingungen in der kaiserlich – preussischen Gesellschaft waren für die Leute aus den niederen, sozialen Schichten nicht gut. Menschen hatten weniger Selbstvertrauen und mehr Unsicherheit. Sie waren psychisch bedrohen.
Gerade auf der Figur Professor Raat – Unrat will meiner Meinung nach Heinrich Mann zeigen, wie sich die menschliche Seele durch die sozial – gesellschaftlichen Verhältnisse verändern konnte, was auch zum Menschenhass führen könnte. Er will vielleicht zeigen, wie der Mensch wegen diesen schlimmen Bedingungen in die Gefühlswirrungen geraten konnte und schliesslich auch, wie eigentlich ein Mensch als eine Karikatur enden konnte.